Willkommen bei Jomi

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Jojos selbstgeschriebene unbenannte Story

„Ich weiß nicht so recht“, jammerte ich.
„Warum denn? Oder besser gesagt: Warum nicht?“
„Na ja, ich kann mir vorstellen, dass das ziemlich unangenehm wird!“
„Was ist daran unangenehm? Das wird eher angenehm, findest du nicht?“
„Nicht wirklich!“
Mensch, was Liz immer für Ideen mitbrachte, wenn sie bei mir übernachtete. Letztes Mal erzählte sie mir, sie wolle sich ein Tattoo stechen lassen und fragte, ob ich nicht vielleicht das gleiche haben wollte, dann wären wir „tattooverwandt“ oder so was.
Davor wollte sie mit mir nach Los Angeles, der „Stadt der Träume“. Das waren ihre Worte. Denn sie hatte Stress mit ihren Eltern und wollte für ein paar Tage einfach weg. Zum Glück konnte ich sie davon abbringen. Bis jetzt konnte ich sie noch von allem fernhalten, was ihr in den Kopf kam, sogar von ihrer ach so tollen Idee, (mit mir natürlich) Bungee springen zu gehen. Aber das Bescheuertste daran kommt ja erst noch: Sie hat die Idee bekommen, als sie in den Nachrichten gesehen hatte, wie bei einem Bungee-Sprung das Seil gerissen ist.
Da kann man sich ja schon vorstellen, wie wunderbar ich die Idee fand!
Trotz allem war sie meine BF und ich konnte ihr nicht böse sein. Schließlich wollte sie immer alles mit mir zusammen machen.
Aber natürlich waren das alles Dinge, für die man Argumente hat, die dagegen sprechen, doch dieses Mal war es anders.
Es war eine bescheuerte Idee, aber dieses Mal keine Unnormale oder Gefährliche, um es kurz zu machen: Viele Menschen würden es gern tun, ich aber nicht!
Denn dieses Mal wollte Liz mit mir (MIR MARILYN DECKER) in ein Studio! Ein Studio, in dem getanzt wird! Ein echtes, reales Tanzstudio, in dem auch noch getanzt wird! Mit Jungs! Walzer! Tango! Cha Cha Cha! Flamenco! Alles Mögliche. Und da wollte sie mit mir (MIR MARILYN DECKER, um das noch mal klar zu stellen!) hingehen und, Nein! Nicht zum zugucken, sondern um zu tanzen, natürlich! Es gab nur zwei Probleme an der Sache: 1. Ich konnte und wollte nicht tanzen und 2. Für diese Art von Ideen hatte ich leider keine Contra-Argumente.
„Warum willst du das denn?“ Sofort nachdem ich diese Frage gestellt hatte, bereute ich sie auch schon.
„ Na ja, da gibt es viele Gründe! Ich will natürlich tanzen lernen für Partys und klar, will ich ein paar gute Tänzer kennen lernen, natürlich nur für meine Karriere!“ Sie grinste „Denn ich weiß jetzt endlich was ich werden will…“
Was heißt hier endlich, dachte ich. Aus jeder ihrer Ideen wird nämlich gleich ein Beruf oder eine Lebenseinstellung herausgezaubert. Bei ihrer Tattoo-Idee wollte sie Rockerin werden und sich am ganzen Körper tätowieren lassen. Bei ihrer LA-Idee wollte sie später um die Welt reisen und wenn sie dann ein Land entdeckt, würde sie es Lizmerica nennen und bei ihrer Bungee-Idee wollte sie Stuntdouble für Johnny Depp werden, ihn anschließend heiraten und ein Mädchen namens Jolyssa
Bekommen, denn eigentlich heißt sie Alyssa.
„Ich werde professionelle Tänzerin und tanze für Britney Spears in ihren Musikvideos! Das hört sich doch cool an, stimmt’s? Guck nicht immer so misstrauisch! Ich schaff das, wirklich! Meinen zukünftigen Ehemann werde ich im Tanzkurs dann auch treffen! Er ist mein Tanzpartner, daran werde ich ihn erkennen. Er wird übrigens auch in Britney’s Video mittanzen und falls er Pascal heißt, heißt unsere Tochter Pasyssa und wenn er Eric heißt, heißt unsere Tochter Eryssa und wenn er Tobias heißt, heißt sie Tobyssa und wenn er Kevin heißt…“
„Du hast eine Liste, stimmt’s?“, fragte ich genervt.
„Ja, dann heißt sie Kevyssa“
„Das sind definitiv keine schönen Namen!“
„Findest du! Ich hoffe er heißt nicht Melo oder so, ich mag den Namen Melyssa nicht!“
„Liz! Niemand auf der ganzen Welt heißt Melo.“
„Ich habe einen Onkel, der heißt Aidan, da kann auch mal jemand Melo heißen!“
„Dein Onkel ist auch nicht von hier, sondern aus Afrika! Willst du etwas zu trinken?“, ich stand von meinem Bett auf und ging in die Küche. Liz folgte mir.
„Nein, danke. Mein Lieblingsname ist Rebyssa“, sagte sie und setzte sich auf die Küchentheke. Ich schüttete mir etwas Orangensaft in mein Glas.
„Bitte geh darunter, meine Mutter kriegt einen Anfall!“, flüsterte ich, da meine Mutter im Nebenzimmer Fernsah.
Liz hüpfte runter und ging zum Kühlschrank. Sie durchsuchte ihn mit einem prüfenden Blick.
„Und wie muss dein Mann heißen, wenn deine Tochter Rebyssa heißt, was übrigens auch kein schöner Name ist? Mir fällt da nur Rebekka ein!“
„Sei nicht so fies, wenn du über meinen Mann redest!“
Ich verdrehte die Augen. „Sorry.“
Sie holte sich einen Joghurt aus dem Kühlschrank und sagte stolz: „Er heißt Rebekk oder Rebekko!“
Ich lachte, woraufhin sie beleidigt guckte: „Was ist daran so lustig?“
„Alles! Finde mal einen Jungen mit so einem Namen, der auch noch zufällig tanzen geht in genau dem Tanzstudio.“, grinste ich.
„Das ist die männliche Form von Rebekka und vielleicht habe ich ja Glück, du wirst noch staunen!“, protestierte sie und nahm sich einen Löffel.
Ich schüttelte nur den Kopf. „Ich frag mal deine Mutter, was sie von den Namen hält, dann wirst du es ja sehen!“
Sie stellte den Joghurt auf die Theke, warf den Plastikdeckel in den Mülleimer und aß einen Löffel. Dann ging sie ins Wohnzimmer. Ich folgte ihr mit meinem Orangensaftglas.
„Hallo, Alyssa, habt ihr Spaß? Ich hab euch gerade lachen hören.“, lächelte Mama.
„Ja, haben wir. Was hältst du von dem Namen Rebyssa?“
Ihr Lachen verzog sich und sie guckte mich verwirrt an.
Ich zwinkerte ihr grinsend zu. „Schön!“, sagte sie nickend.
„Das habe ich gesehen, Mari! Nein, mal ernsthaft! So wird meine Tochter heißen!“, erklärte Liz gespannt.
„Der Name ist einzigartig!“, sagte Mama, ohne gelogen zu haben und Liz strahlte: „Siehst du?“
„Ich gebe mich geschlagen!“, grinste ich, sie holte den Joghurt und wir gingen zurück in mein Zimmer.

Am nächsten Morgen wurde ich von lautem Hüpfen und Stampfen geweckt. Ich schaute auf die Uhr: 6.00Uhr.
Ich nahm mein Kissen und drückte es in mein Gesicht, aber es wurde nicht leiser.
Ich wollte gerade nachsehen, ob Liz bei dem Krach schlafen konnte, aber sie lag nicht auf ihrer Matratze.
Genervt schlenderte ich ins Wohnzimmer um zu sehen, was Liz da anstellte.
Sie stand mit dem Rücken zu mir gewendet mitten im Raum in einem Sportanzug, der einem Badeanzug ähnelte und machte den Hampelmann.
„Was wird das?“ Eigentlich wollte ich sie anbrüllen, aber ich war zu müde, da wir gestern bis 1.30Uhr wach waren.
Verwirrt drehte sie sich zu mir. Ihr Gesichtsausdruck wurde plötzlich fröhlich: „Noch 5Minuten länger und ich hätte dich mit einem Eimer voll mit kaltem Wasser geweckt, du Langschläferin!“
„Hast du mal auf die Uhr geguckt? Was machst du da überhaupt?“
Die erste Frage ignorierte sie komplett.
„Ich übe für den Tanzkurs!“, sagte sie hellwach.
„Und wie lange bist du schon wach?“, fragte ich und ging in die Küche.
„Seit circa einer Stunde, ein bisschen länger.“, meinte sie und fing an, eine Pirouette zu üben.
„Seit 5Uhr!? Du bist ja völlig verrückt!“ Als ich in der Küche stand sah ich neben dem Waschbecken einen Eimer voll mit eiskaltem Wasser, darin waren sogar Eiswürfel. Ich hatte eigentlich gedacht, das wäre nur Spaß gewesen. Zum Glück bin ich wach geworden!
Ich hörte einen heftigen Aufprall.
„Alles in Ordnung!“, hörte ich Liz brüllen „Ich kann die Pirouette nur noch nicht ganz!“
„Psst! Meine Mutter schläft noch!“, sagte ich leise, aber so, dass sie es noch hören konnte „Willst du einen Kakao?“
„Nein, ich mache Diät und ich rate dir, dasselbe zu tun, wenn du beim Tanzen eine gute Figur hinlegen willst!“
„Seit wann machst du denn Diät?“, fragte ich und machte mir den Kakao.
„Schon seit längerem!“, meinte sie und ging, nach noch einem gescheiterten Pirouetten Versuch, doch wieder zum Hampelmann über.
„Seit einer Stunde vielleicht?“, fragte ich neckisch.
„Vielleicht!“, sagte sie ausgepowert und setzte sich an den Esstisch. Ich setzte mich mit meinem Kakao dazu.
„Was hab ich dir gesagt?“, sagte sie verärgert und nahm meinen Kakao. Sie trank einen Schluck und schüttete ihn dann ins Waschbecken.
Hoffnungslos starrte ich sie an. „Was?“, war ihre Antwort.

Zum Glück hatte ich genug Argumente, warum ich nicht mittrainieren konnte bzw. wollte und meine Mutter ist auch nicht aufgewacht, obwohl ich glaube, dass das nur an ihren Kopfhörern lag. Meine Mutter hatte nämlich einen bescheuerten und auch teuren Tick. Und zwar kann sie nur mit Musik einschlafen. Sie nimmt abends ihren iPod und steckt sich die Kopfhörer ins Ohr. Die ganze Nacht über hört sie Musik bis der Akku leer ist, was ziemlich viel Strom verbraucht. Jeden Monat kommt die Stromrechnung und sie regt sich total über sich selbst auf. Vor allem hört sie ihre Musik nicht nur nachts, sondern auch den ganzen Tag lang. Sie liebt Michael Jackson!

Am Nachmittag gingen wir zusammen zur Osterkirmes.
Ich kaufte mir wie immer gebrannte Mandeln und Liz holte sich eine Schokobanane.
„Ich dachte du machst Diät!?“, ärgerte ich sie.
„Hallo! Banane! Frucht!“, meinte sie und betonte vor allem das „o“.
„Ah ja!“, nickte ich grinsend.
Bei uns war es Tradition. Wir gingen auf jede, und damit meine ich wirklich jede Kirmes im Dorf und ich holte mir jedes Mal gebrannte Mandeln und sie jedes Mal eine Schokobanane, was ja eine Frucht war, nicht zu vergessen!
Wir haben uns damals geschworen, diese Tradition solange einzuhalten, wie wir konnten. Okay, zugegeben: Unser Schwur lautete: „Ich schwöre, ab jetzt auf jede Kirmes im Ort mit meiner besten Freundin Liz(bei Liz hieß es natürlich Mari)zu gehen und zwar für immer!“, aber wir haben den Schwur ein wenig geändert, denn das „für immer“ war glaube ich schwer einzuhalten, also machten wir ein „solange, wie wir es können“ daraus.
„Hey! Alyssa! Marilyn!“, hörte ich jemanden rufen, konnte aber zwischen den vielen Leuten niemanden ausmachen, den ich kannte.
„Da ruft uns jemand, Liz“, sagte ich ohne sie anzusehen, da ich immer noch suchte. Liz war aber ganz in ihre ach so fruchtige Schokobanane vertieft und hörte mir, wie es schien, gar nicht so richtig zu.
„Liz! Mari!“, hörte ich die Mädchenstimme von hinten.
„Mari, sieh mal! Tatiana hat uns gerufen!“, sagte Liz erstaunt.
Ich drehte mich mit hochgezogenen Augenbrauen um.
Tatiana stand direkt vor mir…in Minirock und Top und lächelte mich breit an.
„Hallo, Mari! Hallo, Liz!“, grinste sie.
“Seit wann so nett?”, fragte ich misstrauisch, denn eigentlich ist Tatianas Spitzname für uns „Barbie-Biest“.
„Warum denn nicht? Ich hab gehört, dass ihr auch im Tanzkurs angemeldet seid?! Dann werden wir uns da sehen! Bis Bald“.
Ich sah noch wie sie beim umdrehen die Augen genervt rollte und ironisch zu sich flüsterte: „Wird sicher super!“
Liz guckte ihr skeptisch hinterher.
Da war was faul! Aber im Moment interessierte mich nur eins:
„Wir sind bereits angemeldet?“, brüllte ich, sodass sich einige Passanten verwirrt umsahen.
„Ach, das habe ich dir nicht erzählt?“, sagte Liz ruhig.
„Ähm…NEIN, das hast du wohl nicht!“, meckerte ich.
„Ich habe uns heute Morgen angemeldet, da hast du noch geschlafen!“
„Du hast vor 6Uhr im Tanzstudio angerufen?“, fragte ich erstaunt darüber, dass jemand abgenommen hatte.
Wir gingen weiter.
„Tänzer müssen so früh aufstehen! Was denkst du, warum ich so früh wach war?“
„Ja ja! Aber vielleicht will ich gar nicht tanzen!“, meinte ich und atmete erst einmal tief durch, um alles zu verkraften.
„Quatsch! Du wirst dich entfalten können und deine Liebe zum Tanzen tief in dir drinnen finden! Du wirst mir dankbar sein! Und du wirst gar nicht mehr aufhören wollen. Außerdem triffst du da Jake! Das wird super, glaub mir! Lass mich nicht hängen! Ich verfolge einen Traum und ich brauche deine Hilfe, denn du wirst vielleicht mal meine Managerin und ich werde dich „M&M“ nennen…“
Wow, sie redete ohne auch nur einmal zu atmen!
„Hol mal Luft! Wusstest du, dass du ziemlich viel redest?“
Sie zuckte mit den Schultern.
„Und wer ist überhaupt Jake?“
„Hoh!“, sie machte ein seltsames Geräusch und schaute mir tief in die Augen, ziemlich überrascht „Du kennst deinen Zukünftigen nicht?“
Ich stöhnte: „Hast du für mich etwa auch eine Liste?“
„Natürlich! Deine Tochter heißt Jakilyn, ist das nicht süß?“, quietschte sie.
Ich nickte: „Wenn du meinst.“
„Sag mal, wie viel Uhr haben wir, Mari?“, fragte sie und warf ihre Serviette in den Müll.
„Ähm…“, ich schaute auf meine Armbanduhr, „10vor3“.
„Oh Gott, komm schnell!“
Noch bevor ich verstand, dass sie es eilig hatte, riss sie mich mit und meine Mandeln fielen zu Boden.
„Hey!“, war alles, was ich herausbrachte.

„Nicht dein Ernst!“, jammerte ich und starrte auf das riesige Schild über der Eingangstür.
„Tanzstudio Thielemann“, stand in großen, grünen Buchstaben darauf.
„Doch mein Ernst!“, lächelte sie und hielt mir die Tür auf: „Treten sie ein, Mademoiselle!“
Ich gab mich geschlagen und “trat ein“.
Die Eingangshalle war wirklich groß und es schien ziemlich leer, denn weit und breit war niemand zu sehen. Rechts und links war jeweils eine Tür und geradeaus waren eine Treppe, ein paar Bänke und Schließfächer.
Liz zappelte aufgeregt herum und hüpfte dann zur linken Tür.
Sie grinste und zeigte darauf.
„Was?“, fragte ich und die Wände antworteten mir sofort mit meinem Echo. Ich zuckte zusammen, als ich mich selbst hörte.
„Psssssssst!“, gab Liz mir empört zu verstehen.
Sie hüpfte zu mir zurück und sagte leise: „Ich trau mich nicht! Mach du die Tür auf!“
Genervt ging ich zur Tür und öffnete sie. Es war ein riesiger Saal mit Laminatboden, vier großen Leuchtern und einer riesigen Bühne im hinteren Bereich.
Mitten im Raum standen Pärchenweise Mädchen und Jungen und hielten sich bei den Händen. Alle tanzten einfach weiter zu der langsamen Walzermusik, aber manche guckten mich dabei erschrocken an. Hinter mir versteckte sich Liz.
Die Musik stoppte und eine kleine, schlanke, rothaarige Frau, die mir vorher gar nicht aufgefallen war, kam mit einem strengen Blick auf mich zu.
Als Liz sie entdeckte, hüpfte sie vor mich und das Gesicht der Frau verwandelte sich in ein Lächeln.
„Alyssa!“, sagte sie und umarmte Liz.
„Hallo, Frau Thielemann, wie geht es ihnen?“, fragte Liz strahlend.
„Gut! Das muss Marie sein!“, sagte sie und schüttelte meine Hand.
„Marilyn“, verbesserte ich. Sie entschuldigte sich und ging mit uns zur Musikanlage. Wir setzten uns auf den Boden. Wie mir Liz später erzählte, hatte sie schon mit Frau Thielemann telefoniert.
Sie startete die Musik wieder und rief den Paaren zu, sie sollten einfach weiter machen. Ich schätzte so ungefähr 12Mädchen und Jungen, alle in unserem Alter. Manche von ihnen schauten sich beim Tanzen in die Augen, andere schauten nur auf ihre Füße.
Plötzlich sah ich Tatiana zwischen den ganzen Paaren.
Sie schaute dem Schwarzhaarigen Jungen direkt in die Augen und wie es schien, schnauzte sie ihn immer wieder leise an. Er schaute nur genervt zu Boden. Der Arme hat doch tatsächlich Tatiana abbekommen. Aber die beiden tanzten wirklich gut!
„Um halb4 ist diese Gruppe fertig, dann kommen die Neuen…“. Erklärte Frau Thielemann, anscheinend die Tanzlehrerin „Das werden alles welche sein, die heute hier das erste Mal tanzen, da seid ihr dran. Ihr müsst euch noch ein wenig gedulden, tut mir Leid, ihr seid schon so früh! Konntet es wohl kaum abwarten.“, lächelte sie mich an. Ich nickte einfach.
Irgendwie war mir das alles so unangenehm, wenn ich sah wie Tatiana und die anderen tanzen konnten und wie ich mich gleich blamieren werden würde.
„Dies ist die Profigruppe, macht euch keine Sorgen, niemand aus eurer Gruppe wird so gut sein!“, sagte sie, als könne sie meine Gedanken lesen, aber das machte mich nicht weniger nervös.
„Seht ihr das Mädchen dort drüben mit der pinken Trainingsjacke und den Jungen, der mit ihr tanzt? Das sind Tatiana und Philipp. Die beiden helfen den Neuanfängern“, erklärte die Tanzlehrerin und meinte natürlich das „Barbie-Biest“.
Mensch, dachte ich nur. Was hab ich nur immer für ein Pech.

Nach 20Minuten Tatiana-beim-Profitanzen-zusehen kamen dann auch die anderen Neuen. Tatianas Gruppe ging in die Eingangshalle, wahrscheinlich zu ihren Schließfächern.
Sie selbst und Philipp blieben aber.
Alle setzen sich zu uns. Es waren ungefähr genauso viel wie bei den Profis.
„Okay“, sagte Frau Thielemann „Erst mal erkläre ich euch, wie eine Tanzstunde abläuft. Wenn ihr kommt, setzt ihr euch einfach hier hin und wartet bis die Gruppe vor euch…“
„Das sind wir“, unterbrach Tatiana sie lächelnd und hielt Philipps Hand mit hoch. Ich sah, wie er genervt stöhnte.
„Danke, Tatiana!“, lächelte Frau Thielemann gekünstelt „Also, ihr wartet bis die Gruppe vor euch weg ist und dann macht ihr einfach das, was ich euch sage. Zur Kleidung: Bringt eine Tasche mit, eine Sporthose, ein T-Shirt, eine Trainingsjacke und Tanzschleppchen, auch die Jungs! Wenn es zu warm wird, bringt eure Jacke in eines der Schließfächer. Am Anfang der Stunde packt ihr einfach eure Tasche in eines der Fächer, nehmt den Schlüssel und holt es euch am Ende der Stunde wieder heraus, okay!? Ich glaube, das war’s erstmal. Jeder von euch bekommt einen festen Tanzpartner und ich bitte euch, dass ihr euch manchmal auch privat trefft um euch aufeinander abzustimmen, in Ordnung? In Ordnung! Jeder Mensch hat eine andere Art zu tanzen, dass heißt, ich kann nicht einfach sagen, du und du, ihr tanzt ab jetzt zusammen, sondern, jeder tanzt einmal mit jedem und ich guck mir an, wer gut zusammenpasst. Steht bitte alle auf und geht in die Mitte des Raumes. Tatiana und Philipp zeigen euch, was ihr tun müsst.“
Tatiana und Philipp stellten sich gut sichtbar auf. Philipp hielt den rechten Arm um Tatianas Hüfte, Tatiana ihre linke Hand auf seine Schulter. Die anderen beiden Hände umschlossen sich.
„Seht ihr, wie das geht?“, fragte Frau Thielemann „bitte den normalen Walzerschritt“
Es sah so elegant aus, wie Tatiana über die Tanzfläche schwebte.
Innerlich staunte ich, äußerlich runzelte ich die Stirn.
„Ihr macht einen Schritt vor, nach hinten, rechts, links. Und das die ganze Zeit. Hat jemand eine Frage?“
Ein Mädchen, nicht viel größer als ich selbst, meldete sich.
„Du kannst deine Frage einfach stellen, ihr braucht euch nicht zu melden!“
Das Mädchen wurde von jedem Einzelnen angeguckt und ich glaube sie merkte das auch, da sie ziemlich nervös schien: „Ähm…wie oft müssen wir denn den…also die ganzen 4Schritte…nacheinander machen, äh, tanzen?“, fragte sie und schrumpfte langsam. Zumindest schien es so, da sie ihren Kopf langsam einzog.
„Bis ich sage ’Nächste’, in Ordnung?“
Das Mädchen nickte.
Frau Thielemann fuhr fort: „Also ihr Jungs stellt euch in einer Reihe auf, sodass ihr aber viel Platz um euch herum habt und jedes Mädchen geht zu einem Jungen. Ihr tanzt, bis ich ’Nächste’ sage, dann gehen die Mädchen zum nächsten Jungen. Das muss euch nicht unangenehm sein, okay? Okay! Dann los!“
Mir war es trotzdem unangenehm. Wenn ich jetzt auf einen Jungen direkt zuging, dachte der doch, dass ich was von ihm wollte.
Ich wusste nicht recht, was ich machen sollte und wie es schien, wussten die anderen Mädchen das auch nicht so recht. Ich wollte Liz fragen, wie sie es angehen wollte, aber da entdeckte ich, wie sie geradewegs auf einen Jungen zuging und mit ihm sprach. Er sagte etwas, da schaute sie beleidigt und ging zum nächsten. So machte sie das bei 3Jungs. Beim Vierten strahlte sie und sah mich an. Dann kam sie auf mich zugerannt.
„Mari! Du glaubst es nicht! Dein Jake ist hier! Was habe ich dir gesagt?“, sie nahm meinen Arm und zerrte mich mit.
„Liz! Hast du etwa die ganzen Jungs nach ihren Namen gefragt, um deinen Rebekko zu finden?“, fragte ich, obwohl ich mir die Antwort schon denken konnte.
Sie nickte aufgeregt und zerrte mich zu Jake.
„Hey Jake, das hier ist Mari, meine beste Freundin, du bist genau ihr Typ, hier, bitte schön!“, sagte sie und streckte ihm meinen Arm hin, als wäre ich eine Sache, die er nun annehmen sollte.
Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute er mich lächelnd an.
Ich wäre am liebsten im Boden versunken.

Nachdem Frau Thielemann geregelt hatte, dass sich die Mädchen endlich einen Partner geschnappt hatten, sollten wir loslegen.
Ich nahm zögernd seine Hand und legte die andere auf seine Schulter. Dann versuchten wir anzufangen, aber so wirklich klappte das nicht. Im Rücken spürte ich Tatianas Blick.
Ich trat ihm auf den Fuß, aber anstatt zu meckern, lachte er.
Ich wusste nicht, ob er mich auslachte oder ob er mit mir lachen wollte.
„Mensch!“ Ich brachte endlich ein Wort heraus!
„Ich kann nicht tanzen!“ Wow, dachte ich. Ein ganzer Satz!
Er lachte: „Schau dich mal um! Wir sind nicht die Einzigen!“
Ich drehte mich um und tatsächlich! Es war ein wilder Haufen voller…na ja, eben Leute, die nicht tanzen können.
Ich wendete mich wieder Jake zu.
„Deine Freundin ist ziemlich verrückt!“, meinte er grinsend und langsam verschwand dieses unangenehme Gefühl.
Bei jedem seiner Worte freute ich mich ein wenig mehr hier zu sein!
„Ja, sie hat Listen angefertigt mit unseren Namen, Jungennamen und den Mischungen daraus. So heißt dann das Kind! Ihr Kind soll Rebyssa heißen und deshalb sucht sie einen Jungen…“
„Nächste!“, rief Frau Thielemann.
Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht.
Ich war etwas verwirrt.
„Ähm, Du musst einen weiter gehen!“, sagte ein Mädchen, welches nun offensichtlich mit Jake tanzen musste, meckernd.
Ich kam mir vor wie beim SpeedDating.
Mir wurde wieder ein wenig flau im Magen, weil ich jetzt wieder mit einem Fremden tanzen musste und da war noch ein anderes Gefühl. Ich war mir nicht sicher, aber ich glaube, es war Eifersucht.

Während ich mit dem nächsten Jungen tanzte, schielte ich immer wieder zu Jake herüber. Ich hatte das Gefühl gehabt, er mochte mich, aber als ich ihn mit dem anderen Mädchen sah, schien es, als ob er zu allen Mädchen gleich nett wäre.
Ich wendete mich meinem derzeitigen Tanzpartner zu und versuchte, die Situation ein wenig aufzulockern: „Tanzt du das erste Mal im Kurs?“
Ich sah, wie ihm der Schweiß durch das Gesicht rann.
„Ja, merkt man das sehr?“, fragte er mit zitternder Stimme „Es tut mir so Leid!“
„Es muss dir doch nicht leid tun, niemand hier kann tanzen!“, lachte ich, aber er lachte nicht mit, sondern konzentrierte sich voll und ganz auf die Schritte.
Ich verstummte und wartete hoffnungsvoll auf das Wort „Nächste“.

Es gab noch so einige komische Jungs. Ein paar Ängstliche und ein paar Eifrige, ein paar Gute und ein paar schlechte Tänzer, einige Freiwillige und einige, die wie es schien von ihren Eltern geschickt worden sind, ein paar, die es nicht ernst nahmen und ein paar, die es nicht gerne zugeben, hier zu sein. Jake gehörte meiner Meinung nach zu denen, die es gerne lernen möchten.
Als ich mit allen getanzt hatte, war ich auf jeden Fall etwas besser als am Anfang. Das merkte ich schon mal und ich merkte auch, dass jeder Junge anders tanzt.
Dann musste Frau Thielemann die Pärchen auswählen.
„Also…“, sagte sie „Angie und David, Celine und Julius, Melanie und Robin…“
Die Mädchen und Jungen guckten sich nach ihrem Partner um, da die Meisten die Namen noch nicht kannten.
Auch das Mädchen, welches nach mir getanzt hatte, hatte schon einen Partner bekommen, worüber ich sehr froh war, denn ich hoffte insgeheim, mit Jake tanzen zu dürfen.
Er konnte ungefähr genauso gut, oder eher gesagt genauso schlecht, tanzen wie ich und war echt nett. Das sind die einzigen Gründe! Glaube ich…
„Alyssa und Patrick…“, sagte die Tanzlehrerin. Ich stand neben Liz und sie flüsterte mir verzweifelt zu: „Patryssa!!! Das ist so mies!“ und ging zu Patrick. Ich grinste.
„Violet und Kevin, Marilyn und…“
Ich spürte, wie mir das Herz in die Hose rutschte und mein Bauch kribbelte. Ich glaubte, jeden Moment zusammenzubrechen, da meine Knie plötzlich so weich waren.
Ich hätte nie gedacht, dass diese Entscheidung so wichtig für mich sein würde! Und nun stand ich da! Zitternd, als wäre ich Kandidat in der Entscheidungsshow von „America sings“.
„…Jake“
Ich hätte fast gejubelt, aber das habe ich dann doch nur innerlich getan. Ich merkte, wie mir ein Stein vom Herzen fiel!
Ich hatte den Plattenvertrag!
Bei dem Rest hörte ich gar nicht mehr zu. Ich lief geradewegs zu Jake herüber, der mich angrinste und fragte: „Wie soll denn nun der Vater von Rebyssa heißen?“
Ich war nun total verwirrt und hatte keine Ahnung, was er da laberte und wie es schien, merkte er das auch und half mir auf die Sprünge: „Du hast mir doch von deiner Freundin erzählt und ihren Listen! Du wolltest mir erzählen, wie der Vater von Rebyssa heißen soll!“
Ach so! Ich wollte eigentlich nicht über Liz reden. Lieber über mich und er sollte mir etwas über sich erzählen, aber ich antwortete natürlich: „Rebekk oder Rebekko…“
„Was sind das denn für Namen?“, lachte er.
Ich grinste: „Und sie will das meine Tochter Jakylin heißt, deshalb soll ich einen passenden Jungen finden. Deshalb hat sie gesagt, du seihst genau mein Typ, weißt du?“
Er nickte zustimmend und grinste.
„Hey!“, sagte eine Stimme neben mir. Es war Tatiana.
„Schön, dass du einen Partner gefunden hast!“
Mit einem gespielten Lächeln sah sie mich an und ging weiter.
Jake guckte mich fragend an, aber ich winkte nur seufzend ab.

Nachdem die Stunde vorbei war, verabschiedete ich mich von Jake und ging mit Liz zurück zur Kirmes.
„Wie war es mit Patrick?“, fragte ich und hatte schon die ganze Zeit so ein Grinsen im Gesicht.
„Ach“, stöhnte Liz „Er ist schwer in Ordnung.“
„Schön“, sagte ich und wir blieben eine Weile stumm vor BREAKDANCE stehen, um die Leute zu beobachten. Ich wippte hin und her.
„Wie war es eigentlich bei dir? Du grinst schon die ganze Zeit so merkwürdig. Hat es dir gefallen?“, platzte sie plötzlich neugierig heraus und hielt meine Arme fest.
Ich hatte auf diese Frage gewartet, wollte es aber nicht zugeben.
„Och, na ja“, grinste ich.
„Du siehst aber aus, als wäre es ein wenig besser als nur ’Na ja’ gewesen…mit Jake…“
„Tja“, sagte ich nur und erwartete, dass sie mich weiter ausfragen würde. Das tat sie aber nicht, was mich fast zum Platzen brachte.
Wir standen einfach nur da ohne zu reden, aber dann kam es aus mir heraus, als hätte ich wochenlang Sprechverbot gehabt: „Es war nicht nur ’Na ja’, Liz! Es war super! Ich hatte so viel Spaß und du hattest Recht! Jake ist soo nett! Und ich tanze plötzlich so gerne und kann es kaum abwarten nächste Woche wieder hinzugehen! Ich würde am liebsten zurück laufen und weitertanzen! Ich bin so froh, dass du mich mitgenommen hast! Ich danke dir so sehr! Jake ist so lieb zu mir, egal was ich mache und ich würde ihm am liebsten alles erzählen! Von meiner Geburt bis hin zu meinen Zielen und Träumen für die Zukunft und ich fühle mich so leicht, wenn ich mit ihm tanze! Er gibt mir das Gefühl, etwas Besonderes zu sein und als ob ich über die Tanzfläche schwebe, egal ob ich ihm auf den Fuß trete oder was auch immer! Es ist mir überhaupt nicht unangenehm! Du hattest ja so Recht, was das angeht! Danke!“ Ich lächelte und umarmte sie.
„Wow! Da ist aber jemand verliebt!“, grinste Liz zufrieden.
„Jakylin! Du hast es echt geschafft!“
Erstaunt schaute ich sie an: „Verliebt! Du denkst ich wäre…“
„Streite es bloß nicht ab, das merkt doch wohl jeder. Alle Anzeichen treffen auf dich zu!“, strahlte sie.
„Ach ja?“, meinte ich nur skeptisch „Und was bitteschön sind die Anzeichen?“
Wir machten uns langsam auf den Heimweg.
„Na ja, durchgehendes Lächeln zum Beispiel“, sie dachte nach „nicht aufhören zu können, von ihm zu reden und ständiges Herumzappeln!"
Ich musste überlegen. Normalerweise glaubte ich nicht an das, was Liz mir erzählte, aber irgendwie klang das alles so logisch. Was unnormal für Liz, DIE Alyssa Greenwood, war.
Ich wusste nicht genau, ob das nun gut oder schlecht war und ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
In meinem ganzen Leben habe ich mich bei einem Jungen noch nie so wohl gefühlt. Es war ein komisches Gefühl.
„Ich glaube, er ist auch volle Kanne in dich verknallt!“, sagte Liz aufgeregt.
„Echt? Glaubst du?“, fragte ich und strahlte anscheinend über das ganze Gesicht, denn Liz meinte nur: „Du bist definitiv verknallt in ihn! Du musst es ihm gleich morgen verraten!“
Ich war verwirrt. Schon wieder.
„Ich verrate es ihm doch nicht! Bist du bescheuert? Und warum morgen?“, fragte ich durcheinander, da das nächste Training ja erst in einer Woche war.
„Du musst es tun! Wenn man jemandem sagt, dass man ihn liebt beziehungsweise sehr mag, dann merkt dieser Jemand erst, wie sehr er auch verliebt ist und was er für dich empfindet!“
Liz’s Ratschläge klangen normalerweise unlogisch, ich wusste echt nicht was mit ihr (oder mir) los war. Es ergab plötzlich alles einen Sinn, aber ich wollte es ihm trotzdem nicht sagen.
Was wenn er mich nicht mag und mich auslacht? Ich bin sicher, dass würde er nicht tun, aber vielleicht wäre es ihm peinlich und wir würden uns für immer anschweigen.
Das wollte ich wirklich nicht riskieren. Vielleicht machte er ja auch den ersten Schritt.
„Und wieso morgen? Morgen ist doch gar kein Training! Erst in einer Woche wieder, oder?“, fragte ich weiter.
„Nein, Training ist dienstags, donnerstags und samstags“, meine Augen glänzten „…aber wir sollen uns ja auch privat mit den Partnern treffen, deshalb morgen.“, meinte sie mit einem nicht zu deutenden Unterton.
„Ich habe seine Nummer aber gar nicht!“, erschrak ich.
Liz schaute mich skeptisch an: „Du hast ihn nicht nach seiner Nummer gefragt?“
Ich schüttelte verzweifelt den Kopf.
Sie lachte: „Du erinnerst mich an mich! Ich würde auch überreagieren!“

Als wir bei mir zu Hause ankamen, musste Liz auch schon wieder weg. Sie wohnte nur zwei Häuser weiter, was ziemlich praktisch war. Die Häuser stehen glücklicherweise so nah zusammen, das man noch mit Walke Talkes kommunizieren kann, ohne, dass der Kontakt unterbricht. Allerdings nur wenn ich in meinem Bad hockte und sie bei sich in der Abstellkammer, deshalb brachte das irgendwie auch wenig!
Na ja, egal! Ich schloss die Tür auf und ging in die Küche. Meine Mutter hatte mich reinkommen gehört und kam auch in die Küche. Ich holte mir einen Saft.
„So lange seid ihr noch nie auf einer Kirmes geblieben, seit euch das eigentlich keinen Spaß mehr macht!“, sagte sie und sah mich fragend an.
„Ja“, meinte ich und setzte mich zu Mama an den Tisch „Liz hat mich in einem Tanzkurs angemeldet. Da waren wir vorhin.“
Ich versuchte, nicht ganz so begeistert zu wirken, wie ich es eigentlich war.
„Echt?“ Ihre Augen funkelten glücklich „Ist ja toll! Endlich machst du mal Sport! Und wie ist es? Was für eine Art tanzen ist es denn? Und vor Allem: Wie teuer ist es?“
Ihr Gesichtsausdruck wurde plötzlich ein wenig wütend.
„Ich weiß den Preis nicht, aber es ist ganz in Ordnung.“
Das war wohl gelogen! Es war nicht ganz in Ordnung, es war spitze!
Ich liebte es!
„Okay, wenn es ganz in Ordnung ist, dann bezahl ich es dir. Endlich hast du etwas gefunden, was dir einigermaßen gefällt!“
„Danke“ Ich hätte kreischen können, aber ich tat es natürlich nicht. Ich war nicht der Typ, der gerne zugibt, dass er das, was er vorher schlecht gemacht hat, doch toll findet.
Meine Mutter hat mir schon die verschiedensten Sportarten angeboten, damit ich endlich etwas Sport treibe, aber ich habe immer abgelehnt. Das Eine war für Tussis, das Andere für Loser, das Eine konnte ich nicht, das Andere war zu leicht.
Ja, Argumente waren schon immer meine Spezialität. Bis jetzt zumindest. Doch dieses Mal hatte ich Gott an meiner Seite, denn anscheinend ist es nicht zufällig passiert, dass ich ausgerechnet dieses Mal keine Argumente hatte.
Ausgerechnet dieses Mal, wo ich wirklich Spaß an der Sache hatte.

Die Nacht konnte ich nicht schlafen. Ich musste die ganze Zeit darüber nachdenken, wie er mich angelächelt hat, als wir uns verabschiedet hatten.
Er war so ein netter und witziger Typ. Eigentlich war er perfekt, wenn man so darüber nachdachte.
Er war witzig, nett und klug, keiner von den besonders Braven, aber auch kein Bösewicht. Er ging offen auf Leute zu und behandelte jede Person wie etwas ganz Besonderes. Er würde nie jemanden auslachen oder sich prügeln und er würde sich auch für Außenseiter einsetzen und bliebe trotzdem einer von den Coolen. Trotzdem ist ihm sein Ruf egal. Obwohl ich ihn letztens das erste Mal gesehen habe, habe ich das Gefühl ihn schon ewig zu kennen. Ein echt toller Kerl eben!
Ich schaute auf die Uhr. Es war halb zwölf.
Normalerweise ging ich um zehn im Bett. Ich hockte mich in mein Bett und las noch ein Kapitel von “Harry Potter“, doch ich konnte immer noch nicht schlafen. Ich war zwar müde, aber ich konnte ihn einfach nicht aus meinem Kopf jagen, also wollte ich mir Mineralwasser holen.
Ich schlenderte in die Küche und sah meine Mutter im Bademantel am Küchentisch sitzen.
Sie sah aus, als wäre gerade etwas explodiert: Tiefe Augenringe, zerzauste Haare und ein müdes Lächeln.
„Was ist hier denn los?“, gähnte ich und öffnete den Kühlschrank. Das Licht blendete und meine Augen brauchten einen Moment, um sich daran zu gewöhnen.
„Akku alle“, gähnte sie zurück und deutete auf die Steckdose an der ihr IPod und das Ladegerät angeschlossen waren.
Ich nickte verständnisvoll und nahm eine Flasche aus dem Kühlschrank. Dann verkroch ich mich wieder in meinem Zimmer, trank ein wenig und las dabei bis ich von allein einschlief.

Am nächsten Morgen wachte ich geschockt auf. Ich hatte etwas geträumt und erst wusste ich nicht so recht, ob es nun die Wahrheit oder nur ein Traum gewesen ist, aber ich fasste mich relativ schnell.
Ich habe geträumt, dass ich auf einer Hochzeit war. Und Jake war auch da. Er sah todschick in seinem Smoking aus und ich auch in meinem Brautkleid. Wir standen vorne am Altar, Hand in Hand.
Er lächelte mich entschuldigend an.
„Willst du, Jake, die hier angetraute Marilyn zu deiner Frau nehmen?“, fragte der Pastor.
„Nein!“, war seine Antwort „Ich will Melanie heiraten!“
Dann schmiss er sich dem Mädchen um den Arm, welches bei der Partnerwahl hinter mir stand und küsste sie.
Ich rannte heulend aus dem Saal.

Am Nachmittag kam Liz unerwartet in mein Zimmer gestürmt und wedelte wild mit einem Zettel in der Hand herum.
„Rate, rate, rate, was ich hier habe!“, kreischte sie aufgeregt.
„Ich weiß es nicht“, sagte ich und schlug mein Buch zu, welches ich gerade gelesen hatte.
„Aber ich wette, du sagst es mir gleich“, meinte ich lachend.
„Es ist die Telefonnummer!“
„Welche Telefonnummer?“
„DIE Telefonnummer!“
Ich hatte echt keine Ahnung von was sie da sprach.
„Na, die von ihm!“
„Von wem?“
„Tu nicht so doof! Du weißt genau wen ich meine.“
Ich wusste genau, wen sie meint, das stimmte. Aber ich gab eben nicht gerne etwas zu.
„Von Michael Jackson? Sag es mir!“, drängte ich gekünstelt.
„Von Jake, du Nudel!“ „Aber woher…“
„Schon mal etwas vom Telefonbuch gehört?“, meckerte sie, lächelte aber sofort wieder.
Ich strahlte. Sie hielt mir die herausgerissene Seite hin, aber ich stand nur da und strahlte.
„Ruf ihn schon an!“, forderte sie mich auf.
Ich nahm den Zettel. Alle Namen waren durchgestrichen. Außer Jakes Nummer. Ich schüttelte den Kopf.
Warum kreiste sie Jake nicht einfach ein anstatt alle andern durchzustreichen?
„Woher weißt du denn, dass er es ist? Ich meine, es gibt so viele Jakes und den Nachnamen kennen wir doch gar nicht!“
„Ich bin im Internet auf die Seite des Tanzstudios gegangen und da standen alle Angemeldeten. Er heißt Jake David Acher. Stell dir das mal vor: Mari Acher! Klingt toll, nicht?“, fragte sie mit weiten Augen.
Sie hatte Recht. Es klang super. Marilyn Acher, Mari Acher.
Wow!
„Ganz in Ordnung“. Ich starrte auf seinen Namen auf der Liste.
Jake David Acher. Das war ein wunderschöner Name. Und er passte so gut zu ihm. Und zu mir!
„Liz, ich habe geträumt, er heiratet diese Melanie. Was bedeutet das?“, fragte ich zögernd.
„Warum rufst du ihn nicht an?“, fragte sie verwirrt.
„Jetzt?“, fragte ich erschüttert.
„Wann sonst?“ Nervös fummelte sie an einer Haarsträhne.
„Keine Ahnung…“, stammelte ich verwirrt.
Sie setzte sich zu mir auf das Bett und nickte mir aufmunternd zu: „Sag ihm, dass du mit ihm üben willst!“
„Aber es gibt nichts zum üben, Liz!“
Liz dachte nach und merkte offenbar endlich, dass es so nicht ging. Man musste heutzutage nun mal nachdenken um etwas zu erreichen.
Eine Weile saßen wir beide einfach nur da und träumten vor uns hin.

Am Tag der nächsten Tanzstunde wachte ich mit einem zauberhaften Lächeln auf. Der Tag fing schon richtig perfekt an.
Ich sah in den Spiegel und betrachtete zufrieden mein Lächeln.
Nachdem ich den Flur entlang gehüpft bin, gab es mein Lieblingsfrühstück und beim leckeren Mittagessen konnte ich stolz meine 2+ in Mathe verkünden.
Wir hatten keine Hausaufgaben auf und bis das Training begann, konnte ich noch bei Liz rumhängen.
Sie war auch wieder total gut drauf und zufällig lag da so ein altes Fotoalbum, weshalb wir dann in “alten Zeiten“ kramten.
Wir kamen auf mancherlei dumme Ideen, redeten über unsere Ziele und Träume und ja, das hört sich alles weit hergeholt an, aber es fühlte sich fantastisch an.
Wir kramten in Freundes-Büchern, Schülerzeitungen, Tagebüchern und Erinnerungsfotos.
Es fühlte sich, wie schon gesagt, echt spitze an und ein paar Stunden später konnten wir dann endlich zum Training.

Wir betraten die große Eingangshalle und reservierten uns ein Schließfach. Ein paar waren schon besetzt, aber sehr viele waren auch frei.
Ich drängte Liz endlich zu kommen. Ich wollte Jake unbedingt sehen. Die letzten paar Tage ohne ihn waren kaum auszuhalten.
Langsam betraten wir den Trainingsraum.
Hinten in der Ecke bei der Musikanlage saß Frau Thielemann mit zwei Mädchen.
Wir gingen zu ihr und begrüßten alle freundlich.
Ich war nervös, denn ich hatte gehofft, er wäre schon da.
Wie sollte ich ihn denn begrüßen?
Handschütteln, Umarmen, „hi“ sagen???
Mensch, dachte ich mir. Kein normaler Mensch macht sich deshalb Sorgen! Nur natürlich wieder ich! Typisch!
Frau Thielemann diskutierte mit den Mädchen und nun auch mit Liz über irgendetwas, aber ich hörte nicht wirklich zu.
Mit einem Auge schielte ich immer wieder zur Tür herüber, das andere begutachtete meine Jogginghose.
Sie war pink. Ob ihn das abschreckte? Oder mag er das?
Ich wollte ihm klar machen, dass ich ein Mädchen bin und keiner seiner Kumpel, falls er das vielleicht gedacht hatte.
Aber ich wusste nicht wirklich, wie ich das anstellen sollte.
„Was sagst du dazu, Marie?“, fragte Frau Thielemann mich mit erwartungsvollen Augen.
„Ach“, stotterte ich „Ich heiße Marilyn“
Ich hatte keine Ahnung wovon sie sprach.
„Entschuldigung, Marilyn, aber was sagst du dazu?“
Ich nickte nur: „Bin ganz ihrer Meinung!“
„Super!“, freute sie sich „Dann tanzen wir heute Tango!“
Mit weiten Augen starrte ich sie an. Wir haben letztes Mal erst Walzer gelernt, oder besser gesagt versucht, es zu lernen und sollten jetzt schon etwas Neues lernen?
„Aber ist das nicht ein bisschen früh? Die meisten können den Walzerschritt ja noch nicht mal!“, entgegnete ich schockiert.
Verwirrt schaute sie mich an. „Ich dachte, du wärst meiner Meinung. Hast du gerade nicht zugehört?“
Schuldbewusst schüttelte ich den Kopf: „Tut mir Leid“.
Ich hörte hinter mir die Tür aufgehen und drehte mich schnell um.
Ja, es war Jake. Aber er war nicht alleine.
Das Mädchen, welches hinter mir stand und welches in meinem Traum Jake geheiratet hat, kam lachend mit ihm herein. Die beiden schienen echt Spaß zu haben.
Er winkte mir lächelnd zu und kam auf uns zu.
Ich winkte zurück. Allerdings hatte ich damit nicht gerechnet.
Er setzte sich zu mir und das Mädchen setzte sich zu den anderen.
„Hi“, sagte er fröhlich.
„Hi“, antwortete ich weniger fröhlich.
Er merkte, dass ich nicht ganz so gut drauf war wie er und die Stimmung langsam sank.
„Tja“, sagte er und schaute sich um „Was gibt’s neues?“
„Wir tanzen heute Tango“, sagte ich kalt.
Schockiert sah er mich an.
„Gibt es ein Problem damit?“, fragte Frau Thielemann, die unser Gespräch verfolgt hatte.
Er schüttelte den Kopf.
Niemand sagte etwas. Die Stimmung war getrübt und es war totenstill.
Nach ein paar stillen Minuten sprang Frau Thielemann auf und meinte, dass die anderen eben nachholen müssen.
Sie stellte uns auf und zeigte uns, wie wir stehen müssen.
Als sie jedem einzelnen gezeigt hatte, was zu tun war, versuchten wir unser Glück, aber dieses Mal lachte keiner, wenn wir uns auf die Füße traten.
Nach ein paar weiteren Minuten und unzähligen Fehlern fragte er mich was los sei. Er holte tief Luft, bevor er fragte.
Ich schüttelte den Kopf: „Nichts, wirklich“
Wir schwiegen wieder.
Ich fühlte mich irgendwie verarscht von ihm, auch wenn es keinen Grund gab.
Natürlich durfte er auch mit anderen Mädchen seinen Spaß haben, aber irgendwie hatte ich gehofft, er würde mich bevorzugen…
Es war nicht nett gewesen mit einer anderen hereinzukommen und dann so zu tun, als kenne er sie nur so vom sehen, obwohl man ihm ansah, wie gern er sie hatte. Ich seufzte genervt.
Plötzlich trat er einen Schritt zurück und fing an mich anzubrüllen: „Was? Was habe ich dir getan? Du bist total stinkig seitdem du mich hereinkommen gesehen hast! Ich habe dir wirklich nichts Böses getan und letztes Mal schienst du ein fröhlicher Mensch zu sein und jetzt? Jetzt seufzt du jedes Mal genervt, wenn ich dir aus Versehen auf den Fuß trete! Was? Sag mir, was ich getan habe und ich mach es wieder gut, aber rede doch mit mir!“
Mir stiegen die Tränen ins Auge. Er hatte Recht! Was hat er mir angetan? Nichts! Mit seinem Leben konnte er anfangen, was er wollte.
Heulend rannte ich aus der Tür und ich spürte, wie mich alle anstarrten. Ich fühlte mich schrecklich!
Vor der Tür kam mir Tatiana entgegen und fing mich auf.
„Was ist dir denn über die Leber gelaufen, du Heulsuse?“, fragte sie und schaute sich um, ob auch bloß niemand mitkriegt, wie sie eigentlich drauf ist.
Ich rannte weiter Richtung Klo und schloss mich in einer Kabine ein.
Schluchzend sank ich zu Boden. Wie konnte er mich nur so anbrüllen? Wenn man jemanden auch nur ein bisschen mag, tut man so etwas doch nicht! Und wie konnte ich so abstoßend sein?
Was war bloß los mit ihm und mir?
Ich heulte das Klopapier voll und konnte einfach nicht aufhören.
Dann hörte ich Geflüster vor der Tür und es kam jemand herein.
„Mari, bist du hier?“, fragte Liz und spähte unter der Toilettentür durch.
Ich antwortete mit einem Seufzer, gefolgt von einem lauten Schluchzer und sank weiter in mir zusammen.
„Mari! Was ist denn passiert?“, fragte sie besorgt.
„Ich…“, versuchte ich anzufangen „ich weiß nicht, ich…, es war so komisch, Liz, das Mädchen und dann…“
Ich brach in Tränen aus und mein Kopf fiel in meine Hände.
Ich fuhr mir durch die Haare und heulte laut weiter. Ich war so froh, dass Liz mir gefolgt war, aber ich konnte einfach nicht reden, obwohl ich es so gern tun wollte.
„Pscht!“, machte sie ruhig „Sag gar nichts! Ich soll dir von Jake ausrichten, dass es ihm Leid tut“
Sie machte eine theatralische Pause und seufzte weiter: „Er sagt, dass es einfach aus ihm herausgerutscht sei und er das eigentlich gar nicht wollte…So ist das nun mal! Es ist ihm furchtbar peinlich musst du wissen! Komm doch wieder raus, selbst Tatiana macht sich Sorgen!“
Natürlich, dachte ich nur. Wenn die wüssten! Tatiana genießt das alles doch nur!
„Klar!“, schniefte ich ironisch „Ich will nach Hause!“
Langsam stand ich auf und schloss die Kabinentür auf. Lächelnd stand Liz vor mir: „Na, geht doch!“
Ich schlurfte an ihr vorbei zur richtigen Tür und öffnete sie. Sofort versammelten sich alle vor mir. Die drei Mädchen, Tatiana, Frau Thielemann, ein paar Jungs, die noch dazu gekommen sind und Liz, aber Jake stand nur daneben.
„Was ist los?“ „Wie geht es dir?“ „Was machst du jetzt?“
Von jeder Seite kamen Fragen, aber ich starrte die ganze Zeit nur Jake an und er starrte mich an.
’Tut mir Leid’, formte er mit seinen Lippen und senkte beschämt den Kopf. Süß!
’Ich weiß’, lächelte ich ihn an. Er lächelte zurück.
Gerade eben noch war ich mir sicher, ihn nie wieder sehen zu wollen, aber als ich ihn dann so sah, peinlich berührt, pochte mein Herz mal wieder 200Sachen pro Stunde und ich konnte ihn nicht hier lassen, alleine…

Nachdem alle sich beruhigt hatten und ich die Wimperntusche, die quer über mein Gesicht verlief, weggewischt hatte, wollte ich Jake allein sprechen. Auch wenn es mir peinlich war, musste ich wissen, ob das Mädchen seine Freundin war.
Ich zog ihn in die Eingangshalle, nachdem alle sich wieder in das Studio gemacht hatten und sah ihn nachdenklich an.
„Es tut mir wirklich echt…“, fing er an, aber ich unterbrach ihn.
„Ich weiß“, sagte ich „Es war nicht deine Schuld, ich hätte mich auch selber anschreien können, ehrlich! Es muss mir Leid tun, nicht dir“.
Ich starrte zu Boden.
„Hey“, meinte er aufmunternd „Warum bist du heute so mies drauf?“
Ich malte mit dem Fuß imaginäre Kreise auf den Boden und seufzte laut. Dann sah ich ihm in die Augen und flüsterte: „Es war wegen…dem Mädchen“
Ich schlug meine Hände ins Gesicht. Wie peinlich!
Warum hatte ich das gesagt?
„Echt?“, fragte er erstaunt und zu meinem Entsetzen wartete er auch noch auf eine Antwort.
Er strahlte mich fragend an. Ich nickte schüchternd.
„Süß“, war seine kurze Bemerkung und er zeigte auf die Tür des Tanzstudios: „Gehen wir wieder rein?“
Ich grinste. Er fand mich süß! Mari Acher, hach, herrlich!
Ich merkte, wie mein Bauch zu kribbeln anfing und ich das Gefühl hatte, jeden Moment quietschend in den Himmel schweben zu können. Mensch, war ich glücklich!
Plötzlich war mein Lächeln weg. Wer war denn nun dieses Mädchen? Sollte ich ihn einfach fragen?
Bevor ich richtig darüber nachdenken konnte, sprudelte es schon aus mir heraus: „Ist sie deine Freundin? Wie heißt sie?“
Ich biss mir, vor Wut auf mich selbst, auf die Zunge und unterdrückte meinen Schmerz. Er grinste.
„Sie heißt Violet…Violet Acher.“, lächelte er verschwörerisch.
Acher! Es war seine Schwester und nicht seine Freundin! Wie peinlich von mir. Ich war eifersüchtig auf seine Schwester gewesen, denn er schien sie zu mögen. Mist! Peinlich!
„Ich wusste ja nicht…Ich dachte, sie wäre deine Freundin. Ich wusste nicht, dass du eine Schwester hast, tut mir Leid, weil ich gesehen habe, dass du Spaß mit ihr hattest und ich halt jetzt besser den Mund, bevor noch andere peinliche Gedanken aus mir herauspurzeln, Sorry!“, stammelte ich.
Er grinste mich verdammt süß an und brachte mich völlig aus dem Konzept, als er sagte: „Du hast recherchiert? Woher weißt du denn meinen Nachnamen? Du magst es nicht, wenn ich mit anderen Mädchen Spaß habe? Wieso denn nicht..?“
Fassungslos starrte ich ihn an. Ich hatte mal wieder kein Argument. Vielleicht wäre es besser, wenn ich mal nachdenken würde, bevor ich rede. Das würde doch helfen!
„Lass uns tanzen gehen…“, lachte er „…und alles vergessen, okay?“
Ich lachte mit ihm, wenn auch nur gespielt, und ging durch die Tür, welche er mir offen hielt.
Alle starrten uns an und Frau Thielemann nickte uns aufmunternd zu. Wir stellten uns zu den anderen und versuchten, mitzuhalten und komischerweise klappte das richtig gut.
„Deine Hände zittern“, bemerkte Jake ganz nebenbei.
Mist, dachte ich. Ich war ziemlich nervös und zitterte am ganzen Körper, da es plötzlich wieder etwas unangenehm war.
Ich tat alles um es einzustellen, aber es brachte nichts.
Alles was mir einfiel war: „Ich friere.“

Nach dem Kurs wollte Frau Thielemann mich und Jake noch mal allein sprechen, also kamen wir zu ihr, als die anderen zu den Schließfächern gingen.
„Ihr seid die Besten hier!“, lobte sie uns sofort „Ihr lernt soviel schneller als die anderen!“
„Wirklich?“, fragte Jake und guckte mich fragend von der Seite an. Ich zuckte mit den Schultern. Das war mir nie aufgefallen.
„Ich würde gerne mit euch Zweien eine halbe Stunde länger machen, denn ihr seid weiter als die anderen, das erkenne ich auf Anhieb. Ich habe viel mit euch vor, müsst ihr wissen. Wäre das in Ordnung?“
Fragend schaute sie uns mit hoffnungsvollen Augen an.
„Von meiner Seite aus würde es gehen“, sagte Jake und beide guckten mich aufmunternd an.
„Ich weiß nicht“, sagte ich leise.
Jedes Mal eine halbe Stunde nur Jake, ich und die Tanzlehrerin?
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Ich zuckte mit den Schultern.
„Ich nehme das als ein Ja“, freute sich Jake und Frau Thielemann freute sich gleich mit. Ich wollte protestieren, aber sah dann, wie glücklich er war. Er grinste mich fröhlich an und hüpfte fast, als hätte er im Lotto gewonnen, also hielt ich meinen Mund und freute mich mit ihm.
„Aber erst ab nächstes Mal, in Ordnung? Heute habe ich das nicht eingeplant“, lächelte Frau Thielemann und ging zufrieden zurück zu der Musikanlage.
Jake und ich verließen redend den Raum.
„Wir kriegen Privatunterricht!“, freute er sich.
„Ich hätte nie gedacht, dass wir so gut sind!“
„Ich auch nicht“, lächelte ich zurück.
Wir gingen zu unseren Schließfächern und ich musste Liz erstmal alles berichten. Sie war total stolz auf sich selbst.
„Alles mein Verdienst! Ohne mich wärst du nie hier hingekommen und hättest nie Jake getroffen und würdest nie tanzen können!“, sagte sie froh.
„Oh liebe Liz, ich danke dir!“, scherzte ich und wir fingen an hemmungslos zu kichern und Quatsch zu machen.
Ich fühlte mich einfach toll.
„Komm, wir gehen“, sagte Liz schließlich, als wir unsere Sachen aus dem Schließfach geholt hatten.
„Javier, aber ich will mich eben von Jake verabschieden“, kicherte ich und ging auf ihn zu.
Er stand mit dem Rücken zu mir vor seinem Schließfach und packte seine Sachen in die Tasche.
„Hey“, sagte ich leise. Lächelnd drehte er sich zu mir um.
„Hey“, sagte auch er ruhig.
„Ich wollte nur ‚Tschüss’ sagen“
Sein Lächeln war echt unglaublich süß! „Tschüss“, flüsterte er.
„Tschüss“, flüsterte ich zurück, legte meine Hand auf seine Schulter und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange.
Dann rannte ich schnell zu Liz, die schon grinsend in der Tür stand.
Ich drehte mich noch einmal mit meinem zauberhaftesten Lächeln um, bekam auch eins zurück und verließ grinsend das Gebäude.

„Wow“, sagte Liz zufrieden „Hätte ich nie gedacht, dass du dich das einfach so traust!“
„Ich auch nicht“, gab ich zittrig zurück.
Vielleicht hatte es ausgesehen wie in einer romantischen Liebesgeschichte, aber innerlich war ich so nervös wie nie gewesen.
Ein Glück, dass er es locker genommen hat!
Er ist einfach zu süß zu mir!

Als wir am nächsten Tag in die Schule gingen, erwartete Tatiana uns schon vor der Tür. Sie hielt mich zurück und meinte hochnäsig: „Wir müssen uns mal ernsthaft unterhalten, liebes Marilein!“
Ich stöhnte und wir blieben stehen.
Widerwärtig sah sie Liz an: „Was machst du noch hier? Zisch ab!“
Liz zog die Augenbrauen hoch und sah mich fragend an.
Ich zuckte genervt die Schultern und sah Tatiana ’erwartungsvoll’ (Beachte die Anführungszeichen!) an. Liz ging und Tatiana schmiss ihre Haare fast in Zeitlupe zurück.
„Hör zu, Mari, Liebes!“, sagte sie verachtend.
„Ich habe gehört, wie Frau Thielemann von euch redete. Und sie sagte nichts Negatives, zu meiner Überraschung. Du tanzt so gut wie ein Kohlkopf singt! Das ist mein Ernst, schließlich habe ich dich gesehen! Aber ich weiß, dass sie nie jemanden schlecht machen würde!“
„Ach ja? Vielleicht habe ich mich verbessert?!“, entgegnete ich verärgert.
„Ha!“, spottete sie „Du? Und verbessern? Du bist ein hoffnungsloser Fall, liebe Marilyn! Tut mir ja echt Leid, aber ich will dich nicht anlügen! Wenn überhaupt, dann tanzt Jake gut! Aber du? Ha! Na ja…“
„Frau Thielemann hat mich gelobt und sie muss sich ja auskennen!“ Wütend wollte ich gehen, aber sie hielt meinen Arm.
Genervt sah ich sie an: „Was noch?“
„Es ist nicht leicht, dir das zu sagen, aber früher oder später musst du es erfahren, Süße!“, sagte sie zickig.
„Du tanzt ziemlich schlecht, regelrecht schrecklich, aber Jake…Wow! Er tanzt spitze!“, schwärmte sie „und sie will nicht Jake fördern, sondern dir helfen, mitzukommen, deshalb die extra Stunden! Du merkst echt gar nichts, oder? Aber ich weiß, dass du das nie schaffst! Also wollte ich dich fragen, ob wir tauschen? Ich nehme Jake und du nimmst…“, sie dachte nach „Glaub nicht, ich hätte seinen Namen vergessen!“
Natürlich hatte sie das!
„…Philipp!?“, meinte ich genervt.
„Sag ich doch! Du könntest es dann vielleicht schaffen, so weit zu kommen, wie die anderen in deinem Kurs! Verstehst du? Ich will dir helfen, Mari! Wir verstehen uns doch eigentlich recht gut! Vielleicht werden wir mal Freundinnen und du wirst beliebt?! Denk mal darüber nach! Es lohnt sich!“
Dann haute sie endlich ab. Von wegen Freundinnen!
Nachdenklich betrat ich den Klassenraum und setzte mich auf meinen Platz. Hatte sie Recht? War das Frau Thielemanns Ziel? Mich zu bringen, mitzuhalten? Ich hatte mich ehrlich gesagt nie so gefühlt, als könne ich es! Und Jake? Er hat mich angebrüllt! Er wollte wahrscheinlich nur, dass ich es endlich mal hinkriege.
Er hat sich sicher nur entschuldigt, damit er weiterhin eine Tanzpartnerin hat…
Er mag mich sicher gar nicht, sondern versucht nur, dass ich bei ihm bleibe.
Soll ich ihn Tatiana überlassen? Die hat sowieso schon ein Auge auf ihn geworfen… Was soll ich denn nun glauben?
Andererseits möchte ich, dass er mich mag. Und wie soll er das wissen, wenn ich sage: ’Hey, ich habe Tanzpartner mit Tatiana getauscht’?
Ich packte meine Mathesachen aus und starrte nachdenklich Löcher in die Luft. Ich bekam noch nicht mal mit, dass Herr Mutate mich ermahnte, ich solle aufpassen.
Nachmittags wusste ich nicht so recht, was ich mit mir anfangen sollte, also beschloss ich einfach so zum Spaß, ohne jegliche Bedeutung, mir ein paar Tanzschritte auszudenken.
Ich stellte mir vor, dass ich einen Tanzpartner hätte, aber es war nur Zufall, dass dieser exakt wie Jake aussah!
Dann ging ich ein paar Male den Walzerschritt durch und fügte ein paar Drehungen hinzu. Ich versuchte, diese möglichst elegant aussehen zu lassen und schwebte regelrecht durch das Zimmer.
Es machte mir sogar richtig Spaß und nach einer halben Stunde, konnte es sich schon sehen lassen.
Glaubte ich! Wer weiß, wie es aussah in den Augen anderer?!
Plötzlich hörte ich ein Kichern hinter mir.
Erschrocken drehte ich mich um. Liz stand am Türrahmen gelehnt und beobachtete mich grinsend.
Sie löste sich und setzte sich auf mein Bett: „Du hast Spaß daran, stimmt’s?“
Ich nickte.
„Das sah gut aus! Hast du dir das selbst ausgedacht?“, sie nahm sich mein Buch vom Nachttisch und blätterte es durch, allerdings ohne auch nur ein Wort zu lesen.
„Ich dachte, ich versuch es mal“
Sie legte das Buch zurück und fing an, meine Nachttisch Lampe an und aus zu knipsen. Sie konnte irgendwie nie still sitzen.
„Tatiana sagt, ich kann nicht tanzen“, sagte ich, so leise, dass ich mich selber kaum hörte.
Liz tat es allerdings: „Auf die darfst du nie hören! Hörst du? Nie! Die will nur ihr Bestes! Ich glaube sie sieht dich als Konkurrentin an!“
Ich musste lächeln: „Ehrlich?“
Sie ging zu meinem Schreibtisch, kritzelte auf dem voll bemalten Holz des Tisches herum und nickte ruhig.
„Warum bist du hier?“, fragte ich neugierig.
„Genau!“, fuhr sie hoch „Ich wusste, da war noch etwas! Kommst du mit zum Maifest in der Stadt? Da spielt unsere Schulband, die ’Notes in a Suitcase’! Premiere ihres neuen Songs ’Like an eagle’“
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen! Ich liebte unsere Schulband! Sie machen eine Art Akustik Rock und Pop, das ist echt klasse.
Um 6Uhr war auf dem Fest noch gar nichts los! Die Bühne war leer, die Leute gelangweilt und die Getränke-Bars zu.
Gemütlich spazierten wir zum Spielplatz in der Nähe und legten uns in die Netzschaukel. Wir beobachteten die Wolken eine Weile, dann sah Liz mich von der Seite an.
„Was ist?“, fragte ich verwirrt und sah zu ihr rüber. Sie sah mich nachdenklich an: „Liebst du ihn?“
Meine Augen weiteten sich. Dann starrte ich zurück in den Himmel.
Ich lächelte. Liz setzte sich und beobachtete mich.
„Ja“, seufzte ich leise. Sie stand grinsend auf und sah mich aufmunternd an: „Komm, wir holen uns was zu futtern.“
Wir liefen zurück zum Fest und sahen, dass es nun schon richtig voll war und wir standen ein paar Minuten an, um einen Liebesapfel zu bekommen. Dann hüpften wir zur Bühne. Notes in a Suitcase waren gerade dabei, ihre Instrumente zu stimmen.
Ricci sah mich und blinzelte mir zu. Ich war schon ein richtiger Fan und stand bei Auftritten oft ganz vorne. Ich kannte drei von ihnen persönlich, die anderen nur so vom Sehen.
Ricci war Gitarrist und spielte nun die ersten Töne des Songs ’Stop’. Ich lächelte ihm zu, dann kam er zu mir. Er brauchte nicht von der Bühne zu kommen, da ich mal wieder ganz vorne stand. „Hey!“, sagte er laut, da er die Menschen übertonen musste.
„Wie geht’s?“, fragte ich.
„Alles cool und bei dir?“ „Auch“
Ricci kannte ich nicht nur so aus der Schule, seine Eltern waren auch gut mit meiner Mutter befreundet. Er war zwei Jahre älter als ich, hatte braune schulterlange Locken und ein ziemlich breites Grinsen. Er sah wirklich gut aus, musste man schon sagen!
„Hi Liz“, sagte er zu ihr. „Hi!“
Er kannte Liz nicht sehr gut. Nur daher, dass sie manchmal mit dabei war, aber ich hatte ihm schon viel über ihre Person erzählt.
„Gibt’s was Neues bei euch, Mädels?“
Ich zuckte mit den Schultern mit einem Grinsen im Gesicht.
„Klar!“, sagte Liz höhnisch „Unser Marilein hat jemanden kennen gelernt im Tanzkurs! Durch mich!“
„Ist das wahr, Mari? Wie heißt er denn?“, fragte er grinsend.
„Hmm…Blake oder…Jake!“, lächelte ich breit.
„Hey Ricci, ich brauch mal deine Hilfe!“, rief Joey, der Keyboarder.
Ricci blinzelte mir noch mal zu und ging, während ich Joey winkte.
In der Band waren Ricci, der Gitarrist, Joey, der Keyboarder, Kevin, der Schlagzeuger, Nate, der andere Gitarrist und Backgroundsänger und Frankie, der Leadsänger. Persönlich kannte ich Ricci, Joey und Frankie.
„Blake!“, lachte Liz. Ich beobachtete, wie Joey und Rikki versuchten, die Bass-drum in Position zu stellen, denn das erwies sich diesmal als besonders schwer, wie es schien, als Liz mich erschüttert antippte und flüsterte: „Mari! Sieh nicht hin, aber dahinten steht Jake und beobachtet dich!“
„Wo?“, erschrak ich und sah mich um.
„Nicht hinsehen!“, ermahnte sie mich und ich sah zurück zur Bühne und ertappte mich beim Versuch, dabei gut auszusehen.
„Wo?“, flüsterte ich unauffällig.
„Links neben der Bühne steht er mit einigen Kumpels!“, flüsterte sie zurück. Auch wenn ich verliebt in ihn war, hatte ich so meine Zweifel wegen dem, was Tatiana gesagt hatte. Andererseits, warum sah er mich denn an? Kam er nur um sich bei mir beliebt zu machen? Aber woher sollte er wissen, dass ich hier war?
Ich schielte zu ihm, sah aber schnell wieder zurück um nicht aufzufallen.
„Er kommt rüber!“, flüsterte Liz aufgeregt und ging, um uns allein zu lassen. Ich stand peinlich berührt da und starrte wie gebannt zur Bühne, dann tippte er mich an die Schulter.
Ich atmete einmal tief durch und drehte mich dann zu ihm.
„Hey Mari! Du bist auch hier? Das trifft sich ja gut!“, meinte er und begrüßte mich.
Auch wenn ich in ihn verliebt war, war ich stinksauer. Wegen der Tatiana Sache. Ich sah ihn finster an, aber er lächelte nur.
„Sag mal, kennst du die Band, die heute Abend hier spielt?“
Ich nickte seufzend und fügte schnell „persönlich“ hinzu.
Staunend sah er mich an: „Persönlich? Wie meinst du das denn?“
Ich zuckte mit den Schultern und sagte gelangweilt „Ist eben so.“
Er nickte verwirrt und wendete sich der Bühne zu.
Ich sah ihn nachdenklich von der Seite an. Sollte ich ihn darauf ansprechen? Wahrscheinlich eher nicht! Egal, was nun die Wahrheit war, er würde es sowieso leugnen, also was soll es?
Ich sah mich nach Liz um, aber sie war nirgendwo zu entdecken.
„Ich bin mit ein paar Kumpels da“, sagte er.
„Aha“
„Kann ich sie dir gleich vielleicht mal vorstellen?“
„Mal sehen“
„Okay, willst du etwas trinken?“
„Nein“
„Ich bezahle auch“, lachte er und verstummte sofort als ich antwortete: „Ich sagte Nein!“
Es war ihm unangenehm und das fühlte sich gut an, aber trotzdem war ich verliebt in ihn und egal wie mies ich zu ihm war, mein Bauch wollte nicht aufhören zu kribbeln.
„Tatiana hat mir etwas erzählt“ Warum habe ich das gesagt? Ich wollte das gar nicht!
Fragend sah er mich an. Ich schüttelte den Kopf und sagte eingeschüchtert: „Ach, schon gut. Nicht so wichtig.“
„Nein, erzähl schon! Tatiana redet viel Zeug, wenn der Tag lang ist“
Er grinste. Er grinste mit dem süßesten Lächeln der Welt und mir rutschte mein Herz in die Hose. Er lächelte so, wie er mich bei unserer ersten Begegnung angelächelt hatte. So süß!
Ich konnte nicht anders als meine miese Einstellung Vergangenheit werden zu lassen und zurück zu lächeln.
„Sag schon!“, forderte er mich auf und ich musste ein paar Mal Zwinkern um wieder klare Gedanken fassen zu können.
„Äh ja, sie sagte, dass…ich weiß nicht wie…wie ich das sagen soll, ich meine…also gut! Ich sag es einfach!“
„Ja…“
„Ich könnte nicht tanzen und du und Frau Thielemann wollt mir extra Stunden geben, damit ich mitkomme und du magst mich nicht und willst nur, dass du eine Tanzpartnerin hast, weil du perfekt tanzt und sie will Tanzpartner tauschen, damit du und sie, damit ihr eine Chance habt!“
Mir standen Tränen in den Augen, aber noch so, dass man sie nicht sah, ich den Kloß in meinem Hals aber deutlich fühlen konnte.
Er sah mich erschüttert an: „Was? Das hat sie gesagt? Aber wann?“
„In der Schule!“, brachte ich leise hervor.
Er zog mich aus der Menge heraus zum Rand, nicht weit von seinen Kumpels entfernt und hielt meine Schultern. Er war ziemlich groß!
„Hör zu, Mari! Was sie sagt, musst du nicht glauben! Du kannst genauso gut tanzen wie ich! Genauso gut! Sie will uns doch nur extra Stunden geben, damit wir etwas aus unserem Talent machen können! Außerdem mag ich dich sehr wohl! Sogar sehr gerne und ich will mit niemand anderem außer mit dir tanzen, das schwöre ich dir!“
Ich lächelte sanft: „Wirklich?“
Er nickte verständnisvoll.
„Lass dich von Tatiana nicht fertig machen! Versprich mir das!“
„Ich verspreche es dir, Jake“
„Gut! Lass uns ein wenig spazieren gehen zu zweit, in Ordnung?“
„In Ordnung!“
Wow, ich musste ihm einfach glauben! Er war wirklich zuckersüß. Wir kauften uns Zuckerwatte und gingen zum abgelegenen Spielplatz. Es wurde immer ruhiger.
„Mir fällt echt gerade nichts ein, worüber wir reden könnten!“, sagte er nach minutenlanger peinlicher Stille.
Ich lachte: „Mir auch nicht! Erzähl mir doch einfach mal etwas über dich! Ich weiß ja kaum etwas!“
„Okay, ich…ich heiße Jake Acher und meine Schwester, die du vom Sehen ja schon kennst, heißt Violet…“ Er zwinkerte mir zu „Meine Eltern heißen Marianne und Paul und ich habe zwei Hunde namens Romeo und Juliet. Romeo ist ein Münsterländer und Juliet ein Dackel. Beide sind 9Jahre alt. Außer dem Tanzkurs gehe ich Tennis und Fußball spielen. Ich spiele auch Keyboard und…ich glaube das war alles“
„Aha! Interessant! Spielst du in einer Band?“
„Nein, ich nehme auch keinen Unterricht oder so, ich habe es mir einigermaßen selbst beigebracht.“
Wir legten uns in die Netzschaukel.
„Cool, warum hast du deine Hunde nicht mitgebracht? Ich würde sie zu gerne einmal sehen! Romeo und Juliet! Wie süß!“
„Wenn du willst, zeige ich sie dir später, ich wohne gleich um die Ecke!“, sagte er aufgeregt.
„Klar, gerne!“, freute ich mich.
Wir lagen nebeneinander. Schulter an Schulter und sahen in den Himmel hinauf. Es fühlte sich einfach nur schön an. Wunderschön!
„Erzähl mir etwas von dir!“, sagte er schließlich. Ich dachte kurz nach.
„Ich heiße Marilyn Decker und habe keine Geschwister. Meine Mutter heißt Briana und die einzigen Tiere, die wir haben sind Fische. Außer Tanzen mache ich eigentlich gar nichts. Bis vor kurzem war ich bei Leichtathletik, habe mich aber abgemeldet. Ich spiele auch kein Instrument, also im Großen und Ganzen bin ich ziemlich langweilig!“, lachte ich, aber Jake lachte nicht mit, sondern fragte nur: „Was ist mit deinem Vater?“
Ich hatte gehofft, dass diese Frage nicht kommt! Ich hasste diese Frage mehr als die Pest, weil mir jedes Mal Tränen in die Augen schossen. Ich konnte ihm nicht antworten.
Ich musste schluchzen. Als er das hörte, setzte er sich ruckartig hin und sah mich besorgt an. Er half mir, mich auch zu setzten und sagte leise: „Tut mir Leid!“
Dann nahm er mich in den Arm um mich zu trösten.
Obwohl das wohl der schönste Tag meines Lebens war, konnte ich nicht anders als hemmungslos zu weinen.
„Es tut mir wirklich Leid!“, sagte er und nahm mein Gesicht zwischen seine Hände um zu sehen, wie ich reagierte.
Ich schluchzte noch einmal und schüttelte den Kopf.
„Nicht deine Schuld!“
„Ich hätte nicht…“
„Schon gut, ehrlich!“
„Okay.“
Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Er nahm mich wieder in den Arm…und ließ mich gefühlte Stunden nicht mehr los. Es war unbeschreiblich schön und schnell war der ganze Kummer vergessen.
Damals, als ich fast acht Jahre war, hatte er uns verlassen. Er ist abgehauen, einfach so, ohne etwas zu sagen. Niemand verstand wieso. Alles was er da ließ war ein Zettel auf dem stand: „Briana und Mari, ich liebe euch und werde euch immer lieben. Vergesst mich nicht!“
Ich verstand bis heute nicht, warum er das getan hatte. Wenn er uns liebte, warum ist er dann gegangen? Ich bin nie darüber hinweg gekommen und meine Mutter auch nicht.
Den iPod-Tick! Den hatte sie nur wegen ihm! Es war sein iPod. Er hatte ihn mit dem Zettel bei uns gelassen.
Alle seine Lieblingssongs waren darauf gespeichert und Sprachaufnahmen.
Deshalb hörte sich meine Mutter das den ganzen Tag an. Es war das Einzige, was sie von ihm hatte. Seine Musik und seine Stimme!
Seit dem Tag hat sie die Playlist nie verändert. Nie!
Früher war meine Mutter immer so lebensfreudig, aufgeweckt und voller Energie. Bis zu dem Tag.
Ab dann ging es nur noch runter. Sie liegt den ganzen Tag auf dem Sofa und schaut Fernsehen, wenn sie nicht gerade Musik hört. Zum Einkaufen schickt sie meistens mich.
Und das alles seit über 6Jahren! Sie musste ihn wirklich lieben!
Deshalb war es so schwer, darüber zu reden!
Aber ich merkte, dass es eine Last für mich war, also redete ich.
„Mein Dad…er hat uns verlassen als ich acht war…“
„Du musst nicht…“
„Schon gut! Ich muss das mal loswerden. Er ließ nur einen Zettel da, auf dem stand, dass er uns noch liebte. Wir haben nie wieder von ihm gehört.“
Er schwieg.
Wir standen auf und wollten zurück zum Fest gehen.
„Ich will nicht weiter nachhaken, aber sie sind also noch verheiratet?“, fragte er vorsichtig und sah mich an um zu gucken, ob ich weinte. Ich weinte nicht.
„Ich denke schon.“, sagte ich „Darüber habe ich nie nachgedacht.“
Das hatte ich wirklich nicht. Eigentlich haben sie sich nie getrennt!
Ich wurde plötzlich überglücklich und wollte es nur noch Mama mitteilen, denn ihr ist das auch nie aufgefallen.
„Du hast vollkommen recht!“, platzte es aus mir heraus.
Ohne mir darüber Gedanken zu machen gab ich ihm einen kleinen Kuss direkt auf die Lippen.
Erschrocken blieb ich stehen und starrte ihn an. Ich hatte das gar nicht geplant! Ich war so glücklich über die neue Sicht der Dinge, dass es einfach passiert ist.
Er sah mich ebenfalls erschrocken an. Dann lächelte er, nahm mein Gesicht und küsste mich.
Er küsste mich! War das nicht wie in so einer kitschigen Liebesschnulze? Für mich war es so! In meinem Kopf lief „Firework Kiss“ von Ally Grainger und nun war ich glücklich und es war wirklich der schönste Tag meines Lebens. Mit Abstand der Allerschönste!
Es dauerte eine Ewigkeit bis sich unsere Lippen voneinander lösten. Er sah mir in die Augen. Ich sah ihm in die Augen.
„Wow“, sagte ich schließlich.
„Wow“, antwortete er.
„Willst du…also…willst du meine Hand nehmen?“, fragte er schüchternd. Mensch, war das süß! Diese Seite von ihm hatte ich noch nie zu Gesicht bekommen! Ich nickte, nahm seine Hand und wir gingen weiter, aber unsere Blicke hielten Kontakt.
Als wir direkt vor der Menschenmenge standen, sah er mich an und atmete tief durch.
„Was ist?“, fragte ich neugierig und lächelte ihm aufmunternd zu.
„Ich würde dich gerne etwas fragen, aber das ist nicht so leicht!“, seufzte er.
„Aber ich sag es einfach!“ Er atmete noch einmal durch, dann fragte er: „Sind wir jetzt zusammen?“
Ich zitterte. Natürlich wollte ich das, aber sollte ich einfach Ja sagen?
„Was denkst du denn? Würdest du es wollen?“
„Sag du es!“
„Nein, du!“
Lachend, aber zitternd stritten wir darum, wer es nun beschloss, aber wir kamen zu keinem Entschluss, es war einfach zu peinlich!
Plötzlich hörte ich ein lautes: „Ihr seid verliebt ineinander! Alle beide! Also seid ihr nun zusammen!“
Ich wusste nicht, ob ich Liz danken oder sie umbringen sollte! Ich schaute ihn an: „Wenn sie meint…“
„Okay“
„Cool“
Wir standen eine Weile einfach da und sahen uns in die Augen. Der schönste Tag meines Lebens, wie schon gesagt!
Liz zappelte nervös neben uns herum. Ich sah zu ihr.
„Kann ich dich sprechen, Mari?“, fragte sie aufgeregt.
„Entschuldige mich bitte kurz“, lächelte ich ihn an und er nickte.
Liz packte meinen Arm und zog mich um die Ecke.
„Okay, was ist auf dem Spielplatz passiert? Fang vorne an, ich will Details hören!“, drängte sie.
Ich grinste verliebt. „Wir haben uns voneinander erzählt, von Romeo und Juliet und er fragte nach meinem Vater und ich habe geweint. Dann hat er mich getröstet und mich in den Arm genommen, es kam dann irgendwie zum Kuss und es war fantastisch und dann fragte er mich und dann warst du da und ohne dich wäre ich nie mit ihm zusammen gekommen oder hätte ihn überhaupt kennen gelernt. Ich schulde dir so einiges!“
Ich umarmte sie. Selbst bei dem Wort „Vater“ war ich noch am strahlen, so glücklich war ich.
„Selbst wenn ich nur die Hälfte verstanden habe, sehe ich wie glücklich du bist! Ich kann echt neidisch sein! Du schuldest mir nichts, allein zu sehen, dass es dir gut geht, ist alles wert!“
„Awww, du bist ein Schatz!“
Ich umarmte sie noch einmal, lief dann aber zurück zu Jake, fiel ihm um den Hals und küsste ihn…wieder.
Es war einfach ein unbeschreibliches Gefühl. So toll, habe ich mich nicht mehr gefühlt, seit mein Vater abgehauen ist! Ich fühlte mich lebendig, energiegeladen und vor allem…liebenswert!
Ich hatte die Hoffnung aufgegeben, dass man mich mögen kann. Ich war nicht gerade beliebt in der Schule und hatte eigentlich nur Liz und meine Mutter. Seit er weg ist, traue ich Leuten nicht mehr so schnell und wirke oft, als wolle ich nichts mit jemandem zu tun haben, als wäre ich gelangweilt von dem Leben…
Ich war andauernd traurig, vor Allem, wenn ich allein war. Genau wie meine Mutter. Ich fühlte mich leer, hässlich und falsch. Einfach falsch für die Welt, bis er kam. Jake. Der Vater von Jakylin.
Ich fühle mich liebenswert und schön, nett und lebensfreudig.
Es war ein atemberaubendes Gefühl. Er hat mir die Augen geöffnet, dass man egal, was passiert, im hier und jetzt leben sollte und die Vergangenheit hinter sich lassen sollte.
„Danke!“, sagte ich und nahm ihn in den Arm.
„Wofür?“, lachte er.
„Für alles!“
Und dann tanzten wir zu ’Like an eagle’. Ein Song über Freiheit und Selbst-Zufriedenheit, mein neuer Lieblingssong…

Als ich spät abends nach Hause kam, saß meine Mutter heulend mit einer Portion Eis auf dem Sofa und starrte zum Fernseher.
Ich schmiss meine Tasche in die Ecke und setzte mich zu ihr.
Ich sah zum Fernseher.
Sie schaute sich alte Videos an.
Videos, in denen ich ungefähr 6Jahre alt war und mit meinem Vater herumalberte.
Meine Mutter hatte sie selbst gefilmt.
Ich sah mitleidig in ihr mit Wimperntusche verschmiertes Gesicht.
Sie sah mich an.
Sie sah ziemlich fertig aus.
Haare zerfranst, Jogginghose und Strickjacke, im Schneidersitz und eine Million Taschentücher auf dem Sofatisch. Alle benutzt!
„Mama“, sagte ich vorsichtig „Würde er dich nicht lieben, hätte er Scheidungspapiere dagelassen oder sie dir zugeschickt!“
Ich wartete auf ihren Gesichtsausdruck.
Tränen erfüllten ihre Augen.
„Du meinst, du denkst, er liebt uns noch?“, schluchzte sie mit einer Herzzerbrechenden Stimme und einem Hundeblick.
Ich nickte.
„Wie kommst du darauf?“, fragte sie leise und heiser.
„Erzähl ich dir bei einem schöneren Zeitpunkt, versprochen.“, lächelte ich und sie lächelte, allerdings etwas gequält, zurück.
Dann nahm ich die Fernbedienung und schaltete den Fernseher ab.
„So kann es nicht weitergehen! Wir sollten die Vergangenheit begraben und nach Vorne blicken! Wir sollten Engagement zeigen und uns der Welt zeigen. Mit einem offenen Lächeln durch die Welt gehen und im Hier und Jetzt leben, findest du nicht auch?“
Anstatt meiner tollen Rede beizustehen, schüttelte sie nur den Kopf und meinte: „Das kann ich nicht, tut mir Leid!“ und ging ins Schlafzimmer. „Gute Nacht, Mari“
Ich legte mich etwas niedergeschlagen ins Bett und sah zur Decke.
Ich hatte den Gedanken schon lange aufgegeben, aber auf einmal stellte ich mir wieder vor, wie es wäre, wenn mein Vater wiederkommen würde. Was würde er sagen? Wie würde er sein Verschwinden erklären? Langsam schlief ich ein…

„Hi!“, begrüßte ich Jake im Eiscafe. Wir hatten bisher noch kein einziges Date gehabt, also hatten wir beschlossen, es nachzuholen. Ich kannte ihn doch kaum, und trotzdem waren wir so verliebt!
Ich hatte Stunden damit verbracht, im Bad zu sitzen und mir vorzustellen, auf welche Art Make-up er stand, und hatte mich für Himmelblau entschieden, passend zum Sommerkleid, den Schuhen und dem Handtäschchen. Ich sah wunderschön aus und fühlte mich auch so, als ich in sein strahlendes Lächeln blickte.
„Hey“, sagte er und stand auf. Er lehnte sich zu mir und küsste mich, dann setzten wir uns.
„Und? Wie geht’s?“, fragte er ein wenig zaghaft.
„Gut und dir?“
„Auch“
Irgendwie war das alles so neu für uns und diese Stille immer noch peinlich.
Dann, zu unserem Glück, kam die Bedienung und wir bestellten zwei Erdbeer Smoothies.
„Ich liebe Erdbeer-Smoothies!“, lächelte ich und starrte auf meine Füße.
„Ich auch, aber es gibt noch etwas, was ich mehr liebe“, grinste er.
„Ach ja?“, ich schaute ihn an „und das wäre?“
„Ein bestimmtes Mädchen, mit dem ich noch vor dem ersten Date zusammen war“
Ich grinste und er grinste auch.
„Das klang kitschig!“, lachte er und ich stimmte ihm lachend zu.
Wir hatten eine Menge Spaß und ich merkte erst, wie verliebt ich in ihn war. Nach dem Date waren wir uns viel näher und vertrauter. Wir gingen danach noch ein wenig durch die Stadt und dann brachte er mich nach Hause.
Als wir vor der Haustür standen, küsste ich ihn noch kurz.
Ich dachte nach. Sollte ich ihn meiner Mutter vorstellen? Vielleicht will er das. Aber was wäre, wenn sie mal wieder heulend auf der Couch saß? Lieber nicht!
Aber dann ging die Tür auf und sie stand da. Sie sah gut aus. Seit vielen Jahren, hatte sie mal wieder ein Sommerkleidchen an, eine hübsche Frisur und vor Allem ein strahlendes Lächeln im Gesicht.
„Oh hallo!“, sagte sie überrascht, aber fröhlich. Ich staunte. Sie trotzte vor Energie.
„Wie siehst du denn aus?“, fragte ich erstaunt.
Glücklich strahlte sie mich an.
„Ich muss kurz mit dir reden, Mari, aber vorher…wer ist das?“
„Mama, das ist Jake, mein Freund, mein fester Freund!“, sagte ich überzeugt und stolz. Sie war so happy, dass ich mich entschied, es ihr zu erzählen und sie staunte nicht schlecht.
„Hallo“, sagte Jake.
Sie betrachtete ihn eine Weile.
„Ich muss los, war schön heute“, rief er und verschwand.
Ich sah meine Mutter fragend an.
„Ich würde gerne über deinen Freund reden, bin aber in Eile! Ich habe mir deine ’Rede’ von gestern Abend zu Herzen genommen und ab heute fange ich wieder an zu leben! Ich gehe jetzt zum Friseur und lasse mir die Haare färben und stufen! Dann gehe ich shoppen und lebe mein Leben! Danke Mari!“
Sie küsste mich auf die Stirn und schwebte zur Garage. Als sie Diese öffnete rief sie noch schnell: „Vielleicht sollte ich auch noch eine Waschanlage besuchen!“
Und als sie losfuhr sah ich auch das Auto, welches seit 8Jahren dort stand. Unbeschreiblich! Mehr konnte ich dazu auch nicht sagen!

Ich legte meine Lieblingsmusik ein und tanzte quer durchs Haus, einfach so, aus purer Energie!

Als ich gerade auf dem Heimweg von der Schule war, sah ich Tatiana mit ein paar anderen Mädchen auf einer Mauer sitzen. Wut stieg in mir auf. Entschlossen ging ich auf sie zu.
Sie lächelte mich an: „Hey Mari, Süße, hast du es dir überlegt?“ und sprang auf.
„Allerdings!“, schnaubte ich und ging mit ihr um die Ecke.
Fragend sah sie mich an.
„Er liebt mich!“, sagte ich wütend.
„Ach ja? Hat er das gesagt? Er lügt dir doch nur etwas vor, damit…“
„Er ist mein fester Freund, wir haben uns geküsst und hatten ein Date, Tatiana“
Wütend sah sie mich an.
„Merkst du es denn nicht? Das ist nur Show, Mari!“
Ich fing an sie anzuschreien: „Du lügst! Ich weiß es besser! Du willst ihn nur für dich! Du eingebildetes Miststück!“
Mir stiegen Tränen in die Augen, das passierte jedes Mal, wenn ich wütend war.
Ich wollte noch weiter brüllen, aber sie klatschte mir Eine.
Ich sank zu Boden. Ihre Freundinnen kamen um die Ecke.
„Tatiana! Du hast sie geschlagen?!“, fragte Eine.
„Ich will ihr helfen und sie beschimpft mich einfach!“, brüllte sie und sie gingen weg.
Ich lag auf dem Gehweg, heulend und am Ende. Aber durch diese Aktion hasste ich Tatiana umso mehr und musste ihr das unbedingt heimzahlen. Bald…

Am Nachmittag kam Jake vorbei, um mit mir die Schritte zu üben, aber ich konzentrierte mich einfach nicht.
Ich stolperte, vergaß Stellen und hörte gar nicht zu, wenn er redete bis er mich darauf ansprach.
„Was ist los mit dir?“, fragte er besorgt.
„Ach, nichts, ich…“, schüttelte ich den Kopf.
„komm schon, ich sehe es dir doch an!“
Ich sah zu Boden: „Du liebst mich doch, oder?“
„Natürlich!“, sagte er besorgt und überrascht zugleich.
„Und Tatiana? Wie denkst du über sie?“
„Sie ist in Ordnung, aber etwas eingebildet, warum?“
„Sie will, dass ich dich an sie verliere, sie erzählt mir, du würdest mich anlügen und sie hat mich geschlagen, gestern!“
„Was?“, er wich zurück. Mir kamen Tränen in die Augen.
„Aber warum?“
„Sie will dich als Tanzpartner, weil sie Großes in dir sieht und durch dich groß rauskommen will, denke ich mal, denn du bist wirklich gut!“ Ich setzte mich auf mein Bett und er setzte sich neben mich.
„Das ist alles Quatsch! Ich werde immer mit dir tanzen! Nie mit irgendjemand anderem, versprochen!“, flüsterte er.
Meine Mutter streckte den Kopf durch die Tür: „Störe ich?“
Ich schüttelte schniefend den Kopf und wusch mir schnell die Tränen aus dem Gesicht, sodass meine Mutter nichts merkte.
Sie war so glücklich wie nie und hatte einen Teller Kekse in der Hand. „Ein Snack für die Fleißigen!“
Sie sah einfach wunderhübsch aus und ich konnte nicht anders, als zu strahlen.
Meine Mutter war happy, ich hatte einen echt tollen Freund und Tatiana, die konnte mich mal! Egal was sie tat, Jake wollte nichts von ihr! Mir ging es plötzlich so viel besser und wir tanzten noch bis spät abends…

Wir übten und trafen uns so oft, dass wir richtig gut wurden und selbst Tatiana hatte es aufgegeben, uns auseinander zu bringen.
Ich spürte oft ihre neidischen Blicke, wenn wir, anstatt sie, vortanzen durften!
Ein paar Wochen später übten Jake und ich gerade in der Tanzschule allein mit Frau Thielemann die Hebefigur, da platzte Liz quiekend herein und tanzte fröhlich durch den Raum.
„Ich glaub es nicht, ich glaub es nicht“, sang sie.
Ich grinste sie glücklich an.
„Was glaubst du nicht? Was glaubst du nicht?“, sang Jake mit.
„Was ich gelesen habe, was ich gelesen habe!“
„Was hast du…“
„Okay!“, unterbrach ich den wunderschönen Gesang der Beiden.
„Was gibt es denn so Unglaubhaftes, Liz?“
Sie tanzte um mich herum und zog eine Broschüre aus ihrer Hosentasche.
„Den Wettbewerb, du Nudelchen“
Ich hatte immer noch keinen blassen Schimmer, von was für einem Wettbewerb sie da sprach, aber ihrem Lachen zufolge, erwartete ich nur Positives.
Ich riss ihr die Broschüre aus der Hand und las laut:
„Tanzwettbewerb in ihrer Stadt, Montag, den 4.5. um 16Uhr in der Tanzschule Wittburg, zeigen Sie ihr können oder lernen Sie durchs Zusehen, garantiert empfehlenswert“
Darunter war ein Tanzpaar abgebildet, worunter stand: „Nur Paartanz erlaubt“
Ich war beeindruckt. Es war tatsächlich nicht weit weg von hier. Ich konnte es kaum erwarten zuzusehen.
„Ist ja cool! Aber das können wir uns nicht leisten, oder?“
Es war ein ziemlich berühmter Tanzwettbewerb, der jedes Jahr woanders stattfand und der in ganz Amerika ausgestrahlt wurde.
Liz sah mich ziemlich verdutzt an: „Wie meinst du das?“
Ich wurde irritiert. „Was…“
Frau Thielemann kam dazwischen und schnappte sich die Broschüre.
„Sicher könnt ihr euch das leisten, aber jetzt müssen wir üben, Liz, lass uns nun bitte allein!“
„Aber…“, Liz war seltsam drauf und ich verstand nicht warum.
Frau Thielemann drängte sie vor die Tür, schloss Diese und redete noch kurz mit Liz allein, dann kam sie und wir übten weiter.
Ich dachte mir nichts dabei und konzentrierte mich voll und ganz auf das Strecken meiner Beine bei der Hebefigur.
Es machte solch einen Spaß zu tanzen! Und dann noch mit meinem Freund! Es war einfach perfekt!

Abends wollte meine Mutter mit mir ins Kino, da sie das selbstverständlich auch lange nicht mehr gemacht hatte.
Ich willigte ein und wir fuhren sofort los.
Es lief der Film „Anny: Los Angeles ist auch nicht besser“.
Die Anny Filme waren einfach nur toll.
Der erste Teil: „Anny: Aus Nichts wird Nix“ war schon klasse. Es ging um ein Mädchen namens Anny. Sie lebt mit ihrer Mutter und ihren zwei Brüdern in New York. Eigentlich hat Anny ein tolles Leben, aber wenn sie sich etwas in den Kopf setzt, dann macht sie das auch. Im ersten Film wird sie durch Zufall zur Meerjungfrau und bekommt viele Probleme, aber es ist kein Kinderfilm. Es ist schon ein echt Guter. Der zweite Teil heißt „Anny:
Es geht natürlich wieder um sie und ihre Familie, aber dieses Mal spielt ihre beste Freundin auch eine große Rolle. Zusammen fangen die Beiden an, eine Website zu erstellen, in der sie Videos, Bilder und Texte aus ihrem Leben festhalten.
Die Beiden haben großen Spaß und die Seite wird schnell erfolgreich, was sie nicht wissen: Sie haben die Seite illegal erstellt und bekommen nun erst richtig Probleme.
Der Teil war schon besser als der Erste, aber beide Filme waren fantastisch! Heute gucken wir den dritten Teil, wo Anny alles tut, um irgendwie mal nach Los Angeles zu kommen.
Ich habe seine Kritik gelesen und die Leute waren begeistert!
Schnell holten wir Popcorn und setzten uns in den vollen Kinosaal. Es war dunkel und man konnte kaum sehen.
„Wir haben nichts zu Trinken geholt! Warte eben.“, sagte meine Mutter und ging wieder aus dem Saal. Ich war so gut drauf. Meine Mutter war seit 8Jahren nicht mehr im Kino! Das kann man sich gar nicht vorstellen!
Plötzlich tippte mir jemand an die Schulter. Ich drehte mich um und sah…Tatiana.
„Na? Mit deiner Mami hier? Hat Jake etwa schon Schluss gemacht?“, spielte sie mitleidig.
Sie lachte und die beiden Jungs um sie herum lachten mit.
Na toll, dachte ich mir. Wie sollte ich den Film sehen, wenn ich wusste, dass Tatiana die ganze Zeit hinter mir versuchte, mich zu sabotieren?
„Nein, Tatiana, er liebt mich nämlich!“, entgegnete ich patzig.
„Nicht mehr lange“, flüsterte sie gut hörbar zu den Jungs und die Beiden lachten wieder. Ich hatte diese Jungs noch nie zuvor gesehen!
Ich drehte mich mit einem unwohlen Gefühl zurück, da kam auch schon meine Mutter mit zwei Getränken wieder.
Sofort fing der Film an.
Ich fühlte mich nicht wohl mit ihr im Nacken, aber ich musste es aushalten, der Saal war zu voll, um sich umzusetzten.
Nach den ersten 15Minuten landete plötzlich Popcorn auf mir. Verwirrt drehte sich meine Mutter um.
„Oh Entschuldigen Sie bitte, es war keine Absicht!“, schleimte Tatiana.
„Schon in Ordnung.“, meinte meine Mutter ruhig und fegte mir das Popcorn von den Beinen. Ich war so wütend.
Ich sah sie vorwurfsvoll an und sie lächelte gespielt zurück. Dann konzentrierte ich mich wieder auf den Film. Ich saß ziemlich angespannt auf meinem Sessel, doch in den nächsten 30Minuten passierte nichts mehr. Ich dachte schon, sie hätte aufgegeben, aber das hatte sie längst nicht.
Nach dem Film gingen wir in die volle Eingangshalle des Kinos und sahen, dass es draußen heftig regnete. Ein Glück hatte ich einen Kapuzenpulli an! Aber da es in Strömen goss, setzten wir uns noch ein wenig auf die Bank neben dem Eingang.
Ich sah Tatiana beim Popcorn Automaten stehen, wie sie mit den beiden Jungs lachte und flirtete. Dabei bekam ich vernichtende Blicke von ihr herübergeworfen. Ich fühlte, dass irgendetwas nicht stimmte. Dann kam sie an uns vorbei. Mit einem Gang wie bei America’s next Topmodel lief sie an mir vorbei und grinste mich breit an, hinter ihr her, die staunenden Jungs.
Stumm saßen wir da.
Als wir einsahen, dass der Regen nicht aufhören wollte, zogen wir schnell unsere Kapuzen über den Kopf und rannten zum Parkplatz, wo unser neu gekauftes Auto stand. Ich fühlte, wie der Regen meine Kapuze durchnässte und meine Haare klatschnass wurden.
Schnell stieg ich ein. Meine Mutter steckte den Schlüssel rein, aber es passierte nichts. Sie sah mich an und probierte es noch mal. Es tat sich nichts.
Genervt lehnte sie sich zurück.
„Was?“, fragte ich „Funktioniert es nicht?“
Ich war so geladen wegen Tatiana. Sie schüttelte den Kopf.
Meine Haare fühlten sich schrecklich an. Ich riss mir die Kapuze vom Kopf.
Meine Mutter starrte mich angewidert an. „Was ist?“, fragte ich verwirrt. „Du hast da…“, stammelte sie und packte auf meinen Kopf. Als sie ihre Hand zurückzog, sah ich Soße an ihren Fingern. Nacho-Soße! Schnell klappte ich den Spiegel herunter und betrachtete meine Haare, während meine Mutter daran roch.
Meine gesamte Frisur war voll mit Nacho-Soße! Aber wie…
Natürlich! Ich stieß einen Schrei aus.
Meine Mutter sah mich überrascht an.
„Tatiana!“, schnaubte ich, da sah ich sie auch schon lachend mit den Jungs an der Bushaltestelle stehen.
Ich stieß die Autotür auf und lief wütend durch den Regen zu ihr herüber.
Von hinten packte ich ihr langes, toll gestyltes Haar und riss sie zu Boden. Sie schrie. „Das geht zu weit!“, schrie ich sie an.
Sie war zu überrascht von meinem Angriff, dass sie mich nur verdutzt ansah, mit Tränen in den Augen lag sie da, direkt vor mir. Dieses Mal war ich Diejenige, die höher stand!
„Du erzählst mir lügen, hetzt alle auf, mich zu hassen und sabotierst mich, wann immer du kannst! Das geht so nicht weiter! Ich hasse dich! Und ich weiß, dass du mich hasst, aber dann lass mich gefälligst in Ruhe!“
Mein Gott, was dieses Mädchen draufhatte! Sie stand lachend auf.
„Du hast da was auf dem Kopf!“, lachte sie, aber dieses Mal lachte niemand von den Jungs oder den Passanten, die uns beobachten, mit. Allerdings machte ihr das gar nichts.
„Wende doch keine Gewalt an, man kann doch reden!“
Wie ruhig sie blieb! Ich hatte solche Wut in mir und sie stand einfach nur da und verspottete mich vor allen Leuten im Regen.
„Nein! Ich hab es immer versucht, Tatiana, aber bei dir geht es nicht anders!“, schrie ich weiter „Mit dir kann man nicht reden, sieh dir meine Frisur an, meine Haare! Was siehst du? Sag es mir doch! Ich sehe eine verzweifelte Tatiana, die sich beliebt macht, indem sie andere unbeliebt macht! Mach doch weiter so! Was bringt das? Gar nichts! Denn mit mir wirst du nicht fertig!“
Ich schnaubte vor Wut.
„Aber Marilein! Sieh dich an! Wie tief bist du gesunken? Du reißt mir an den Haaren und schreist mich an! Du kannst mit dem Druck nicht umgehen! Gib es doch zu! Am Besten jetzt! So viele Leute beobachten dich gerade, deinen Austicker!“
Ich sah mich um und tatsächlich standen so viele Leute um uns herum, auch meine Mutter, die mich traurrig ansah.
Ich bekam Tränen in die Augen. Eine Sekunde lang dachte ich daran, wieder aufzugeben, aber dann würde sie weitermachen und mich nie in Ruhe lassen. Sie triumphierte schon, da sie dachte, gewonnen zu haben, da stürzte ich mich auf sie, riss ihr an den Haaren und schmierte sie mit der Soße voll. Sie schrie und konnte sich kaum wehren, da sie zu enge Klamotten anhatte.
Die Passanten wollten uns auseinander bringen, aber ich ließ mich nicht abschütteln. Ich schrie und kreischte, genau wie sie und niemand konnte etwas tun! Es war ein herrliches Gefühl, sie auch mal leiden zu sehen. Alle Leute kamen, außer meine Mutter. Die stand traurig blickend mit verschränkten Armen im Regen und beobachtete das Geschehen, dann ging sie wieder zum Auto.
Schnell ließ ich Tatiana mit ihrer zerrissenen Kleidung zurück und rannte zu meiner Mutter. Sie saß wieder im Auto, heulend.
Jetzt hatte ich sie wahrscheinlich enttäuscht! Hoffentlich wird sie ihre gute Phase nicht hinter sich lassen.
„Tut mir Leid!“, sagte ich schuldbewusst.
„Nein! Mir tut es Leid!“, schniefte sie.
Fragend sah ich sie an.
„Ich wusste ja nicht, was für schlimme Probleme du hattest, ich hätte mich mehr um dich kümmern sollen! Es tut mir so Leid!“
„Nein, es ist nicht deine Schuld. So etwas ist noch nie passiert, ehrlich! Dieses Mädchen hat mir die Soße in die Kapuze geschüttet und mich mit Popcorn beworfen. Sie versucht immer, mich runter zu machen, aber ich lass das nicht weiterhin mit mir machen!“, sprudelte es aus mir heraus. Mit jedem Wort wurde ich stärker und meine Mutter glücklicher.
„Du bist echt nicht Schuld!“
Sie lächelte vorsichtig: „Soll ich mal mit ihren Eltern…“
„Nein!“, schoss es aus mir heraus. „Dann hat sie noch mehr zu lästern. Ich kenne sie, das bringt nichts, aber ich komm schon klar, danke.“
Ich umarmte sie. Nach 10Minuten lief das Auto komischerweise wieder und wir konnten nach Hause fahren. Zu Hause hatte der Regen aufgehört.

Am nächsten Tag hatte ich schreckliche Angst vor Tatiana. Hatte sie alles weiter erzählt und alle hielten mich für einen Schlägertyp?
Als ich aber den Tanzsaal betrat, sahen mich alle wie immer an und begrüßten mich nett.
Jake war noch nicht da, also setzte ich mich zu Liz: „Hey“
„Wo ist Jake?“, fragte ich.
„Freust du dich nicht mich zu sehen?“, scherzte sie.
„Natürlich!“
Ich wollte Liz noch nicht von gestern erzählen. Ich wollte erst sehen, wie Tatiana auf mich reagierte, da kam sie auch schon in den Raum spaziert.
Sie sah nicht glücklich aus. Als sie mich sah, machte sie einen großen Bogen und setzte sich so weit weg von mir wie möglich. Normalerweise kam sie immer zu mir und tat auf ABF.
Das war ein guter Anfang!
„Was ist denn mit der los?“, flüsterte Liz.
„Ich würde sagen, sie hat Angst vor mir“, erklärte ich stolz.
„Was?“ Verwirrt sah sie mich an und ich grinste einfach nur.
Als Jake hereinkam, merkte er ebenfalls, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Er gab mir einen Kuss und fragte, was mit ihr los sei und ich antwortete wieder: „Sie hat Angst vor mir.“
Auch er verstand nicht, aber ich fühlte mich toll.
Am heutigen Tag tanzte ich auch spitze und Tatiana ließ kein einziges Kommentar ab. Sie blieb auf Abstand. Das war ein geiles Gefühl!
Nach dem Unterricht und vor unserem Privattraining wollte Liz mich noch mal kurz sprechen, sie sagte, ich solle das Angebot annehmen. Was hatte das zu bedeuten? Welches Angebot denn?
Ich ging wieder rein in den Tanzsaal.
„Also, Mari!, fing Frau Thielemann an „Jake und ich, wir haben uns da etwas gedacht, aber wir wissen nicht, ob du…“
„Bitte sag Ja!“, rief Jake hoffnungsvoll.
„Was denn?“, fragte ich neugierig.
„Die Broschüre, weißt du noch? Da gibt es doch diesen Tanzwettbewerb und ihr könntet doch hingehen, aber nicht zum Gucken…“, erzählte Frau Thielemann vorsichtig.
„Was?“, brachte ich hervor „Niemals!“
„Warum nicht?“, fragte Jake verzweifelt.
„Ich weiß nicht“
Ich wusste es echt nicht. Ich liebte das Tanzen, keine Frage, aber waren wir so weit? Ich atmete tief durch.
„Wie viel Zeit haben wir bis zum Wettbewerb?“
Die Beiden freuten sich darüber, dass ich das fragte, das hieß, dass ich es mir vielleicht noch überlegen würde.
„Noch einen Monat! Aber das schaffen wir locker mit ein paar Zusatz…“ Warum nicht, dachte ich mir.
„Einen Monat?“, fragte ich ruhig „Das schaffen wir!“
Die Beiden jubelten, während ich sah, dass Tatiana neidisch durch den Türspalt lukte. Dann rannte sie weg. So ein Hammer-Gefühl!
Sie war neidisch auf mich, mich, Marilyn Decker! Um da noch mal klar zu stellen!
Wir fingen sofort an zu proben. Schritt rechts, links, rechts, Drehung, Kippen, Drehung, Kopf…
Alles klappte perfekt, wir waren nur noch ein wenig zu steif, wir mussten aus uns herauskommen.
Aber selbst das klappte später super. Wir hatten gute Chancen!

Tatiana ließ sich in den nächsten drei Wochen gar nicht blicken und wir wurden immer besser. Liz und meine Mutter unterstützten uns und eigentlich war alles perfekt. Dachten wir…

Wir probten gerade und gingen den Tanz zum zweihundertsten Mal durch. Wir waren bei der letzten Drehung. Nun musste ich auf ihn zurennen und die Hebefigur machen. Ich rannte und er streckte die Arme nach mir aus, doch sein Blick schweifte plötzlich ab, im letzten Moment! Er konnte mich nicht halten, ich flog über seinen Kopf hinweg, riss ihn mit und landete voll auf meinem Kopf…

„Au!“ Ich blinzelte, aber es war zu hell, um sehen zu können.
„Mari?“, hörte ich eine Stimme „Mari, bist du wach?“
Ich versuchte noch mal, meine Augen zu öffnen. Langsam gewöhnten sie sich an das Licht.
Ich sah in die Gesichter meiner Mutter, Jake und Frau Thielemann. Sie sahen erleichtert an: „Es geht dir gut! Wir haben uns solche Sorgen gemacht!“
Anscheinend sah ich richtig durcheinander aus, denn Jake fragte: „Du kannst dich nicht erinnern? Aber du kennst uns doch noch, oder?“
„Natürlich kennt sie uns noch!“, meinte meine Mutter, doch dann kamen Zweifel in ihre Stimme: „Stimmt doch, oder?“
Ich nickte vorsichtig, aber mein Kopf tat höllisch weh.
„Wie geht es dir?“, fragte Frau Thielemann.
„Was mache ich hier? Ist das ein…ein Krankenhaus?“, fragte ich müde.
Alle Drei nickten. Meine Augen weiteten sich. Ich sah mich um. Alles war weiß, es war ein Einzelzimmer und deshalb ziemlich eng und klein.
„Warum ist Liz nicht hier? Oh mein Gott, ich habe ja einen Gips!“
„Kannst du dich denn gar nicht errinnern?“, fragte Jake verzweifelt.
„Ich bin gestürzt, das weiß ich, mehr nicht!“, klärte ich ihn auf.
Erstaunt sahen sie mich an und fingen an, zu erklären: „Es war meine Schuld!“, erzählte Jake vorwurfsvoll „Ich war unkonzentriert. Als ich dich gehoben habe, ist Liz rein gekommen und ich war abgelenkt, es tut mir so Leid! Wir sind beide hingefallen. Du hast am Kopf eine Platzwunde gehabt, also die hast du immer noch…“ Schockiert sah ich ihn an „…und du hast dich nicht mehr bewegt. Ich hatte nur ein paar blaue Flecken. Wir hatten solche Angst um dich. Wir dachten erst du wärst…na ja, du weißt schon. Wir hatten so Angst! Dann hat Liz den Krankenwagen und deine Mutter benachrichtigt. Du hast dich zwei Stunden lang nicht bewegt. In der Zeit wurde festgestellt, dass du ein gebrochenes Bein und einen verstauchten Arm hast und eben die Platzwunde. Es tut mir ernsthaft so Leid, ich hätte mich konzentrieren sollen! Es war alles meine Schuld. Mein Gott, es tut mir so…“
„Nein!“, sagte ich mitleidig „Es war nicht deine Schuld. Wir haben geübt und geübt und es war so perfekt, dann konzentriert man sich nun mal nicht mehr so…“ Ich schniefte und mir kamen wieder Tränen in die Augen „Ich bin dir nicht böse!“.
Dann heulte ich. Hemmungslos. Ich wusste selber nicht ganz , wieso ich nun weinte, aber ich war so traurig. Dann hielt ich kurz inne: „Wo ist denn nun Liz?“
„Bei sich zu Hause“, meinte meine Mutter leise „Sie denkt, sie wäre Schuld. Als du da lagst, hat sie lauter geweint als alle anderen und sie war am Ende mit ihren Kräften. Wäre sie nicht gekommen, wäre das nicht passiert. Das hat sie gesagt. Sie dachte auch, dass du nicht mehr leben würdest. Sie lag krächzend auf dem Boden als würde sie selber sterben und sie hat so herzzerbrechend geheult und Vorwürfe geschrien. Als sie hörte, dass du lebst, war sie natürlich glücklich, aber sie ist nach Hause gegangen, weil sie es nicht sehen wollte, falls es dir doch nicht gut geht! Sie hatte Angst.“
Nun heulte ich noch lauter.
„Aber sie ist auch nicht Schuld! Ich will mit ihr reden!“, schrie ich.
„Aber…“
„Jetzt!“
Jake gab mir sein Handy und wählte. Sie ging dran. „Jake?“, ertönte ihre schöne Stimme. Sie klang traurig und sich schlecht fühlend. Deprimiert und geschafft.
„Jake? Bist du dran?“, fragte sie nach einer Weile.
„Liz!“, sagte ich. Es herrschte Stille, aber ich spürte ihre Erleichterung.
„Mari!“, flüsterte sie.
„Liz, du bist nicht Schuld! Niemand ist Schuld! Es geht mir gut, in Ordnung? Es geht mir wirklich gut!“
Dieses Mal waren es Freundenstränen.


Als Liz endlich da war, Frau Thielemann nach der Erleichterung aber gegangen war, feierten wir.
Liz hatte Kekse mitgebracht, die wir nun begeistert aßen. Wir hatten viel Spaß und unterhielten uns über die verschiedensten Themen




Meine Geschichte hat leider noch keinen Namen, wenn ihr Ideen habt schreibt Kommentare oder an die E-mail adresse, die wir bald bekannt geben werden.
Hmm...irgendetwas wollte ich noch schreiben, ach ja, das ist noch nicht das offizielle Ende! Wenn ich fertig bin, schreibe ich euch noch den Rest!
Viel Spaß!
Jojo

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